BioNTech ist die Ausnahme auf einer langen Liste des Scheiterns

Es herrscht Euphorie an den Märkten. Erst, weil der alte US-Präsident aller Wahrscheinlichkeit nicht der neue sein wird, und dann, weil der vom Mainzer Biotechunternehmen BioNTech und dem US-Pharmakonzern Pfizer gemeinsam entwickelte Corona-Impfstoff in einer Studie mit Zehntausenden Teilnehmern eine Wirksamkeit von über 90% gezeigt hat. Könnte dies der ersehnte Wendepunkt in der Pandemiebekämpfung sein?
Doch sollten Sie jetzt nicht reflexartig nach dem nächsten Biotech-Wunderunternehmen Ausschau halten. Vermutlich wird es Ihnen nicht gelingen. Weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein Medikament tatsächlich die dritte und entscheidende Phase der klinischen Forschung übersteht und die Zulassung erhält, so unfassbar klein ist.
Lange Liste des Scheiterns
Schauen Sie sich doch einmal die Liste der Unternehmen an, die das in diesem Jahr nicht geschafft haben. Da war der Pharmagigant Eli Lilly, dessen Anti-Covid-19-Antikörpern bei bereits auf der Intensivstation von Krankenhäusern liegenden Patienten kaum Chancen auf Linderung zugestanden wurden.
Da ist die US-amerikanische Catabasis Pharmaceuticals, die sich nach Jahren der Forschung eingestehen musste, dass der vermeintliche Wirkstoff gegen eine spezifische Form der Muskeldystrophie sämtliche angestrebten Ziele verfehlt hat und das Unternehmen nun dazu zwingt, knapp die Hälfte der Mitarbeiter zu entlassen.
Und da ist das belgische Unternehmen Galapagos, das nicht auf Heilmittel für Schildkröten, sondern unter anderem in der Wirkstoffforschung für Patienten mit Knie-Arthrose unterwegs ist und ebendiese nun einstellen wird. Und das waren nur Fälle aus den vergangenen beiden Wochen. In allen Fällen müssen hohe Millionenbeträge abgeschrieben werden.
Nun auch Biogen
Auch der US-Biotechkonzern Biogen und sein japanischer Forschungspartner Eisai haben – nahezu zeitgleich mit der Meldung von BioNTech – in der Forschung nach einem Wirkstoff gegen die Alzheimer-Krankheit einen Rückschlag erlitten. Die US-Gesundheitsbehörde FDA sprach sich gegen eine Zulassung des Wirkstoffes namens Aducanumab aus. Die Daten der ihnen vorliegenden klinischen, noch nicht beendeten Studie erschienen zwar positiv, mit Sicherheit lasse sich das aber nicht sagen.
Wie in einem typischen deutschen Vorabendkrimi steht damit Aussage gegen Aussage, denn die Entscheidung der FDA steht im Widerspruch zu einer, nur wenige Tage zuvor, ebenfalls von der FDA abgegebenen, durchaus positiven Einschätzung zu Aducanumab. Damals war der Kurs von Biogen innerhalb eines Handelstages um über 43% nach oben geschnellt, nach der nun negativen Einschätzung kam es zu einem Einbruch der Aktie um rund 30%.
Ja, der Handel mit Biotech-Aktien ist nicht ganz risikolos. Der Rückschlag für Biogen verdeutlicht einmal mehr, wie schwierig die Suche nach neuen Wirkstoffen ist. Sollten Sie also ruhig schlafen wollen, ist die Biotech-Branche vermutlich nichts für Sie.