WT Microelectronics will Future Electronics übernehmen

Im internationalen Elektronikhandel ist es kurz vor dem Wochenende zu einem Mega-Deal gekommen: Am vergangenen Donnerstag gab der taiwanesische Elektronikhändler WT Microelectronics Co., Ltd. in einer Mitteilung bekannt, dass er seinen kanadischen Mitbewerber Future Electronics Inc. im Rahmen eines Bargeschäfts übernehmen werde.
Der Deal bewertet die in Privatbesitz befindliche Future Electronics Inc. einschließlich Schulden mit stolzen 3,8 Mrd. US-Dollar (USD – entspricht etwa 3,56 Mrd. Euro). WT Microelectronics beabsichtigt, die Transaktion mit einer Kombination aus Barmitteln und einer von der DBS Bank bereitgestellten Kreditlinie zu finanzieren.
Zu Ihrer Information: Die DBS Bank hat ihren Hauptsitz in Singapur ist die größte Bank Südostasiens. Bevor ich jedoch auf weitere Übernahme-Details eingehe, möchte ich Ihnen die beiden in Europa nur in Insiderkreisen bekannten Elektronikhändler kurz vorstellen.
Die beteiligten Unternehmen im Kurzprofil
Die 1968 gegründete Future Electronics ist ein weltweit führender Distributor elektronischer Komponenten mit Sitz in Montreal, Kanada. Im 1. Halbjahr 2023 erzielten die Kanadier einen Umsatz von 2,9 Mrd. USD, ein Betriebsergebnis von 228 Mio. USD und einen Nettogewinn von 184 Mio. USD.
Das privat geführte Unternehmen mit rund 5.200 Mitarbeitern in 47 Ländern stellt seinen Kunden anwendungstechnisches Know-how und Supply-Chain-Services zur Verfügung, die ein breites Portfolio an Elektronik von branchenführenden Zulieferern abdecken.
WT Microelectronics Co., Ltd. wurde 1993 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Taipeh, Taiwan. Das taiwanesische Unternehmen ist einer der weltweit führenden und am schnellsten wachsenden Distributoren für Halbleiterkomponenten.
WT Microelectronics arbeitet mit mehr als 80 Lieferanten in allen wichtigen Technologiesegmenten zusammen, um weltweit einen breit gefächerten Kundenstamm von über 10.000 Kunden zu bedienen. Der Vertriebsschwerpunkt der Taiwanesen ist Südostasien. WT hat mehr als 50 Geschäftsstellen in China, Korea, Singapur, Indien, Thailand und Malaysia.
Im Geschäftsjahr 2022 erwirtschafteten die knapp 2.400 WT-Mitarbeiter einen Jahresumsatz von 19,2 Mrd. USD. Der operative Gewinn (EBIT) lag bei 401 Mio. USD und der Nettogewinn bei 256 Mio. USD.
WT Microelectronics erhöht Reichweite
Durch die Übernahme der kanadischen Future Electronics baut WT Microelectronics seine globale Präsenz massiv aus. War das taiwanesische Unternehmen bisher vornehmlich in Südostasien aktiv, erweitert es seine Reichweite durch den Deal insbesondere in Nordamerika und Europa. Darüber hinaus erweitert WT durch die Transaktion auch sein Angebotsportfolio.
Ein Grund, warum der Vorstand von Future Electronics der Übernahme zugestimmt hat, liegt auch in einem Medienskandal. So wurde in kanadischen Medien Anfang des Jahres berichtet, dass der achtzigjährige Gründer und Mehrheitsaktionär von Future Electronics, Robert G. Miller, beschuldigt wurde, Sex mit Minderjährigen gehabt zu haben. Auch wenn Miller diesen Vorwürfen widersprochen hat, ist er im Februar als CEO zurückgetreten.
Laut Bloomberg bestätigte Jamie Singerman, Vizepräsident von Future, dass der Medienrummel um den ehemaligen Future Electronics-CEO Miller die Übernahme beschleunigt hat: „Um ehrlich zu sein, wurde aufgrund der jüngsten Nachrichten in den Medien die Entscheidung getroffen, das Unternehmen zu verkaufen.
So reagierte die Börse
Die Ankündigung der Übernahme kam bei den Anlegern in Fernost gut an. Der Kurs der WT Microelectronics-Aktie stieg an der Börse in Taipeh (TSEC) am 15.09.2023 um knapp 10% auf 80,60 New Taiwan Dollar.
Das war der größte Tagesgewinn WT Microelectronics-Aktie seit November 2019. Damit stieg der Kurs seit Jahresbeginn um mehr als 30% an.
Wie es weitergehen soll
Das Management-Team von Future Electronics, alle Mitarbeiter und alle Standorte werden auch nach der Übernahme erhalten bleiben. Der aktuelle Future CEO, Omar Baig, wird nach dem Closing in den WT-Vorstand aufgenommen.
Die Transaktion soll – vorbehaltlich der üblichen Abschlussbedingungen und behördlichen Genehmigungen – in der ersten Hälfte des kommenden Jahres abgeschlossen werden.