Bayer und Monsanto: Wie wirkt sich der Deal langfristig aus?
„Was tut sich der Bayer-Konzern da nur an?“, mag sich mancher fragen. Einerseits wurde die Kunststoffsparte Covestro erfolgreich an die Börse gebracht, sie ist mittlerweile in den Dax aufgestiegen.
Und dann wurde für rund 62,5 Mrd. Euro Monsanto gekauft, ein Unternehmen, das mit Imageproblemen kämpft. So mancher, der Zweifel hat, ob das Kapitel Bayer und Monsanto der Aktie langfristig guttut, dürfte sich dieser Tage bestätigt sehen.
Unkrautvernichter vernichten Börsenwerte
Monsanto wurde von einem US-Gericht zur Zahlung von fast 290 Mio. US-Dollar verurteilt. Begründung: Der glyphosathaltige Unkrautvernichter Roundup habe zur Krebserkrankung des Klägers „wesentlich“ beigetragen. Der bekommt eine Entschädigung in Höhe von 39,2 Mio. US-Dollar zugesprochen, der Rest ist eine Strafzahlung.
Dies dürfte nur der Auftakt einer Klagewelle sein, die Geld und Reputation kostet. Was es bedeutet, wenn ein Fass erst einmal aufgemacht ist, musste VW erfahren. Es sei denn, Bayer nimmt eine Problemphase mit dem Kalkül in Kauf, hinterher gestärkt daraus hervorzugehen.
Auf den ersten Blick sieht es eher danach aus, als würde sich Bayer mit Monsanto langfristig keinen Gefallen tun – kurzfristig schon gar nicht. Hatte die Aktie noch im Oktober letzten Jahr mit rund 118 Euro notiert, fiel sie nach Bekanntwerden des Gerichtsurteils auf 77 Euro.
Klagewelle rollt an
Danach ließ Bayer verkünden, man sei gegen die Rechtsrisiken zum Teil versichert und in der nächsten Instanz würde das Urteil höchstwahrscheinlich ganz anders aussehen, weil sich das Mittel seit 40 Jahren bewährt habe und der Zusammenhang mit Krebs in Fachkreisen umstritten sei. Doch die anschließende leichte Erholung der Aktie bekommt erneut einen Dämpfer: Gegen Monsanto liegen nun 8.000 weitere Klagen vor. Aller Erfahrung mit US-Gerichten nach ist zumindest von drohenden Vergleichszahlungen auszugehen.
Und die Zahl der Klagen könnte durchaus weiter steigen. Bayer indes gibt sich zuversichtlich und verweist Anleger unter anderem auf Einspareffekte durch die Übernahme, die sich ab 2022 mit 1,2 Mrd. US-Dollar positiv auf die Bilanz auswirken sollen. Jedoch ist das Risiko enorm gestiegen, dass der Effekt durch negative Urteile aufgefressen wird. Zudem könnten die glyphosathaltigen Unkrautvernichtungsmittel auf dem Prüfstand stehen, die bislang starke Umsatzträger sind.
Wenn Bayer nun den Eindruck vermittelt, alles weitgehend berechenbar im Griff zu haben, dann fallen erst recht ein paar Ungereimtheiten auf, die schon zuvor störten. Etwa die genannten 1,2 Mrd. US-Dollar Einsparungen durch Synergieeffekte. Vor der Übernahme war noch von 1,5 Mrd. Dollar die Rede. Dann hatte es geheißen, man werde kartellbedingt Geschäfte mit bis zu 1,6 Mrd. Dollar abgeben müssen, am Ende waren es 2,6 Mrd. Dollar, die an BASF gingen.
Übernahme von Monsanto für Bayer langfristig defensiv
Außerdem muss Bayer nun doch in etlichen Ländern Konkurrenten Zugang zur Innovationstechnologie für Saatgut- und Digital-Farming-Plattformen gewähren, was das langfristige Ertragspotenzial erheblich beeinträchtigt. Fragt man Analysten, so gibt es im Konzern noch mehr Lücken zwischen Anspruch und Realität. Abgesehen davon waren anfangs die Übernahmepläne den Aktionären zur Zustimmung erst nicht und dem Aufsichtsrat zu spät vorgelegt worden.
Nun mag man sagen, dass Glaubwürdigkeit langfristig von Fakten verdrängt wird, sofern diese positiv sind. Allerdings stehen im Fall Bayer-Monsanto definierte Unternehmensziele auf dem Spiel, die von der Börse mit Zweifeln registriert werden. Allem Anschein nach war der Kauf vor allem betrieben worden, um sich mit mehr Gewicht an der Börse vor Übernahmen zu schützen.
Immerhin ist Bayer mit Monsanto zum Weltmarktführer bei Produkten für die Landwirtschaft aufgestiegen. Und Monsantos Geschäftszahlen sind gut. Gemeinsam verfügen sie einen Cash-Bestand von fast 12 Mrd. US-Dollar. Das ist natürlich ein angenehmes Polster gegen drohende Klagen. Doch zum einen kommt das leidige Kapitel erst in Rollen, mit ungewissem Ausgang. Zum anderen wird es mit Sicherheit erheblich länger dauern, bis die teure Übernahme bilanziell verdaut ist.
Langfristig gesehen hat der Kauf von Monsanto zumindest dafür gesorgt, dass Bayer weiterhin bestehen bleibt.