SAP Aktie stürzt ab – Chance für Anleger?
Ende Oktober musste Deutschlands führendes Softwarehaus SAP seinen Umsatz- und Gewinnausblick korrigieren. Die SAP Aktie reagierte mit einem Kurseinbruch von über 20 %, dem stärksten Kursrückgang seit 1999.
Viele Anleger fragen sich natürlich, ob diese Kurse bereits Kauf-Kurse sind? Zumindest SAP-Mitgründer Hasso Plattner sieht das niedrige Kursniveau offenbar als Chance und hat nach einem Investment von 248,5 Mio. Euro zuletzt weitere SAP-Aktien im Wert von 49,7 Mio. Euro erworben.
Doch wie steht es um SAP wirklich? Ein Blick auf die jüngsten Zahlen und auf die Herausforderungen, die sich SAP gegenübersieht.
SAP kürzt Umsatz- und Gewinnziele
Ende Oktober hatte SAP seine Umsatz- und Gewinnziele für das Jahr 2020 kassiert. Auch die Ziele für 2023 wurden aufgrund der anhaltenden Corona-Krise zurückgenommen.
Für das dritte Quartal 2020 musste SAP einen Umsatzrückgang auf 6,54 Mrd. Euro melden. Der operative Gewinn sank um 12 % auf 1,47 Mrd. Euro. Insbesondere die Tochter SAP Concur, die Firmen beim Management von Reise-Kosten hilft, kämpft weiter mit der schwierigen Lage am Reise-Markt.
Der Gewinn je Aktie kletterte allerdings um 26 % auf 1,32 Euro (IFRS-Basis) bzw. um 31 % auf 1,70 Euro je Aktie (nicht-IFRS). Analysten verweisen dabei auf einen positiven Beitrag des ehemaligen SAP-Venture-Arms Sapphire Ventures.
Für 2020 erwartet SAP nun einen Umsatz von 27,2 bis 27,8 Mrd. Euro, nachdem man bislang Einnahmen von bis zu 28,5 Mrd. Euro in Aussicht gestellt hatte. Die Ziele beim Cloud-Umsätze werden sich durch die Covid-19-Krise um 1 bis 2 Jahre verschieben. Für 2025 visiert SAP einen Cloud-Umsatz von 22 Mrd. Euro an, die operative Marge wird in 2023 um 4 bis 5 Prozentpunkte niedriger ausfallen.
Diesen Herausforderungen muss sich SAP stellen
Der noch „junge“ SAP-Firmenchef Christian Klein will SAP künftig noch stärker Richtung Cloud ausrichten. Das Problem: Das SAP ERP-System S/4HANA, das auf die In-Memory-Datenbank HANA aufsetzt, ist de facto nicht in der Cloud geboren.
Viele ältere SAP-Kunden in Europa wollen dieses System noch On-Premise nutzen, also auf dem Rechner selbst installieren. Viele US-Kunden bevorzugen dagegen die Nutzung von Software und Datenbanken in der Cloud.
Aus diesem Grunde fielen die Software- und Lizenzverkäufe in Amerika zuletzt um 5 %, während der Cloud-Umsatz zuletzt mit 4 % schwächer wuchs als bei der Konkurrenz (Salesforce.com etc.). Das US-Geschäft ist jedoch wichtig für SAP, generiert der Walldorfer Softwarekonzern hier etwa ein Drittel seiner Umsätze.
Um sich geografisch besser aufzustellen, hat SAP zuletzt seine Partnerschaft mit der indischen Wipro gestärkt. Daneben versucht SAP auch in China durch neue Partnerschaften mit den chinesischen Behörden und Unternehmen besser ins Geschäft zu kommen.
Weitere Baustellen sind das Preis-Modell, die Integration von neuen Funktionen und Angeboten in das Kernprodukt, sowie die Förderung der SAP-Entwickler-Community (Entwickler-Lizenzen).
Fazit: Kann SAP die Krise als Chance nutzen, sehen wir eine stärkere SAP
Die Entwicklung neuer Funktionen und der Umbau zum Cloud-Native-Unternehmen wird von SAP weitere Investitionen in 2021 und 2022 erfordern. Dafür ist SAP bereit, seine kurzfristigen Margen-Ziele zu opfern, was für den langfristigen Erfolg der Softwarefirma auch wichtig und richtig ist.
SAP-Anleger werden sich in den nächsten 1 bis 2 Jahren in Geduld üben müssen, gleiches gilt für Anleger, die neu in die Aktie investieren. Dennoch sehe ich die aktuelle Corona-Krise eher als Chance für SAP – und auch für Anleger.
SAP hat die Möglichkeit mit den eingeleiteten Maßnahmen gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Ich sehe gute Chancen, dass wir als Anleger im Jahr 2023 eine deutlich effizientere SAP sehen werden.
Die SAP Aktie ist und bleibt daher insbesondere für langfristig orientierte Anleger weiter interessant.