Siemens Healthineers: Medizintechnik-Konzern plant milliardenschweren Zukauf in Robotikbranche
Robotik und Automatisierung sind in aller Munde und gelten unter zahlreichen Experten als DER große Wachstumsmarkt der nächsten Jahre. Kein Wunder also, dass die Übernahmeaktivität in dem Sektor langsam an Dynamik gewinnt. Vor allem im medizinischen Bereich sind Robotik-Firmen derzeit stark gefragt. Nach dem Zukauf von Mazor Robotics durch Medtronics für 1,7 Milliarden Dollar und dem Erwerb von Auris Health durch Johnson & Johnson für 3,4 Milliarden Dollar wagt sich nun auch die Münchener Abspaltung des Siemens-Konzerns aus der Deckung.
Siemens Healthineers will für 1,1 Milliarden Dollar das junge US-Unternehmen Corindus Vascular Robotics schlucken und tätigt damit den ersten Zukauf seit dem Börsengang vor eineinhalb Jahren.
Siemens Healthineers im Portrait
Siemens Healthineers ist das separat geführte Healthcare-Geschäft der Siemens AG und seit 2018 börsennotiert. Zu den Kernbereichen zählen die Bildgebung für Diagnostik und Therapie, Labordiagnostik sowie digitale Gesundheitsservices und Krankenhausmanagement. Das Unternehmen bietet dabei Röntgen-, Computertomographie (CT)- und Magnetresonanztomographie-Geräte sowie Blut- und Urintests.
Die medizinischen Systeme des Unternehmens und die klinische Informationstechnik werden von Krankenhäusern sowie Forschungslaboren genutzt und in einer Vielzahl von Teilgebieten wie der Kardiologie, Onkologie und Neurologie eingesetzt.
Wer hinter Corindus Vascular Robotics steckt
Mit Corindus Vascular Robotics setzt der Medizintechnikriese auf ein jungest US-Startup, das als eine der ersten Firmen robotergestützte Syteme für minimalinvasive Gefäße. Laut dem Spartenchef Michel Therin gebe es auf diesem Feld noch so gut wie keinen Wettbewerb. Bisher hat das Unternehmen rund 50 Robotersysteme im Markt installiert und plant für das aktuelle Jahr eine Verdopplung. Langfristig könnten 15% der kompletten Eingriffe robotergestützt erfolgen, so Therin.
Siemens stärkt sein kleinstes Geschäftsfeld
Siemens Healthineers will damit sein kleinstes Geschäftsfeld, Advanced Therapies, ausbauen, in dem der Konzern Roboter und andere Geräte baut, die Ärzten im OP und bei Behandlungen unter die Arme greifen. Mit einem Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Euro erwirtschaftete Advanced Therapies zuletzt nur 11,1% der Gesamtumsätze des Konzerns. Allerdings gilt das Segment als hochprofitabel. Die operative Umsatzrendite lag mit beinahe 20% zuletzt mehr als 2,5 Prozentpunkte über der Marge des Gesamtkonzerns.
Kaufpreis trotz Zukunftsperspektiven extrem ambitioniert
Für Corindus legt Siemens Healthineers allerdings einen stolzen Kaufpreis auf den Tisch. Die Erlanger bieten 4,28 Dollar in bar je Corindus-Aktie. Das entspricht einem satten Kursaufschlag von 75% auf den Schlusskurs vor der Übernahmemeldung. In der ersten Jahreshälfte lag der Preis für eine Corinudus-Aktie übrigens noch bei rund 1 Dollar.
Auch wenn die Kaufpreise in der Branche selten günstig sind, der Corindus-Deal hat es auf jeden Fall in sich. Sie müssen bedenken, dass die Offerte Corindus mit 1,1 Milliarden Dollar bewertet. Im zurückliegenden Geschäftsjahr kam die Firma gerade einmal auf einen Umsatz in Höhe von 10,8 Millionen Dollar. Zugleich operiert die Gesellschaft noch in den roten Zahlen. Unter dem Strich fiel ein Verlust von 35 Millionen Dollar an.
Bei Siemens Healthineers dürfte der Zukauf die Marge im kommenden Jahr um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte belasten. Hinzu kommen noch die Einmalkosten in einer ähnlichen Größenordnung. Spätestens im Jahr 2022/23, gegebenenfalls ein Jahr früher, soll der Zukauf dann positiv zur Gewinnentwicklung beitragen.
Rivalen ist zweitgrößter Corindus-Aktionär
Aufgrund der hohen Prämie, die der Medizintechnikkonzern auf den Tisch legt, sollte die Zustimmung der Aktionäre erreichbar sein. Allerdings gibt es mit dem direkten Rivalen Philips, der 13% aller Corindus-Papiere hält, noch eine Unbekannte. Die Niederländer hatten selbst vor vier Jahren 1,2 Milliarden Dollar mit der US-Firma Volcano einenSpezialist für minimalinvasive Eingriffe übernommen und sich auch einen Anteil an Corindus gesichert. Laut Philips prüfe der Konzern das Angebot.