Wirecard: Kaufen, halten, wegwerfen?
Die Gemüter sind erhitzt beim Thema Wirecard. Es ist gerade die am meisten diskutierte Aktie im DAX. Kein Wunder, schließlich macht der CEO Markus Braun hoffentlich dem bunten Treiben bald ein Ende.
Mit „bunt“ meine ich hier natürlich chaotisch und unverantwortlich. Wer als DAX-Unternehmen es nicht schafft, seine Bilanzen vernünftig offenzulegen und zu erklären, woher Umsätze kommen, hat nichts an der Börse zu suchen. So ist die Stimmung bei vielen Anlegern, die jetzt einfach nur vor Wirecard wegrennen.
Der Kursverlust gegen Ende April spielt da natürlich auch mit rein. Die Aktie stand schon wieder bei 141 Euro und wurde auf 80 Euro abverkauft. Hintergrund war das stümperhafte Controlling kombiniert mit teilweise unfähigem Management.
Als Kirsche auf der Sahne gab es noch den CEO, der einfach nicht den Ernst der Lage verstehen wollte oder konnte. Unterm Strich bleibt eine Milliarde Euro an Umsatz, die eventuell gar nicht stattgefunden hat.
Wirecard im Stundenchart
Betrachten wir den Chart der vergangenen Tage im Stundenchart, erkennen wir eines deutlich: Heute wurde intraday das 23er Retracement erreicht und prompt ging es von dort wieder nach unten.
In diesem Bereich hatten sich die Kurse schon einmal den Kopf gestoßen, als die Käufer am 29. April in den Markt kamen. Die knapp 80 Euro wurden fast erreicht. Heute steht die Aktie im Vergleich schon 10 Euro höher.
Wenn wir deutlich herauszoomen und uns den Wochenchart anschauen, sehen wir, ab wann vermutlich die starken Hände wieder kaufen werden.
Wirecard im Wochenchart
Hier sehen wir das Allzeithoch bei knapp 200 Euro. Seitdem die Aktie im DAX gelistet ist, gibt es beständig bergab. Natürlich wurde da auch viel gezockt und es gab Short-Attacken von US-Hedgefonds. Doch letztlich müssen sich die Anleger fragen, wie gut die Aktie bewertet ist und wie die Chancen in der Zukunft stehen, dass das Management gegen ein funktionales ausgetauscht wird.
Einstiege sind vermutlich für die großen Spieler am Markt erst dann interessant, wenn wir die blaue Trendlinie nach oben durchkreuzt haben. Darunter können sich die Bullen und Bären um die Beute schlagen. Wenn wir die Fibonacci Retracements anschauen, wäre also das 38er Retracement ganz interessant. Der Bereich um 125 Euro könnte somit im Herbst erreicht werden und dann vielleicht auch sogar übersprungen werden. Dann wären wir über dieser Rücklaufzone und über der Trendlinie.
Wirecard ist aber immer für eine Überraschung gut. Bisher zwar eher auf der negativen Seite, doch Potential für positive News sind logischerweise im Überfluss vorhanden. Viel desaströser kann das Unternehmen ja kaum geführt werden.
Wenn hier jetzt einmal die Ärmel hochgekrempelt und die Bilanzen für Investoren transparent dargestellt werden, können die Kurse auch wieder langfristig nach oben gehen. Wirecard ist das FinTech Unternehmen Deutschlands schlechthin. Insofern sollte es auch wie ein Aushängeschild geführt werden. Das Geschäftsmodell ist für die Zukunft ausgerichtet und genügend Interesse bei Investoren gibt es wohl auch: Die Aktie könnte laut heutigen Aussagen von Analysten bald bei 130, 240 oder sogar 270 Euro stehen. So viel zu den positiven News.
Sollte Markus Braun seinen Laden aber lieber mit Anlauf gegen die Wand fahren wollen und macht so weiter, wie bisher – dann könnte Wirecard sogar aus dem DAX fliegen und die Kurse würden entsprechend schmelzen. Zugegeben, die Chance darauf ist minimal, dennoch dürfen Sie Wirecard nicht unterschätzen – und zwar in beide Richtungen.
Bei 80 Euro scheint jetzt der Boden gefunden zu sein. Von hier aus kann es jetzt langfristig nach oben gehen. Vergangene Woche habe ich selbst auch bei Wirecard nachgekauft. Dass ich aber so viel Geduld habe und auf Kurse von 240 oder 270 Euro warte, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Ich sehe das eher so: Party nach oben mitnehmen. Dann wieder raus und auf den nächsten Ausverkauf warten. Hier wieder einsteigen und mit den Lift nach oben fahren lassen. Wer natürlich langfristig investieren möchte, der sollte sich erst einmal überlegen, ob das Unternehmen aktuell wirklich ein Investment wert ist. Die Chancen auf Sicht der nächsten 10 Jahre sind sicherlich überdurchschnittlich. Doch das Management muss diese auch nutzen können.