Kanadische Telekom-Fusion droht zu platzen
Es gibt viele Gründe, warum Übernahmen scheitern können. Eine mögliche Ursache hierfür ist die Tatsache, dass nicht genügend Aktionäre dem Übernahmeangebot zustimmen. Aber auch die fehlende Zustimmung der zuständigen Wettbewerbsbehörden kann ein Grund für das Scheitern eines Deals sein.
Über einen solchen Fall möchte ich Ihnen heute berichten. So droht eine seit Langem geplante Mega-Fusion zwischen den kanadischen Telekommunikationskonzernen Rogers Communications Inc. und Shaw Communications Inc. am Einspruch der kanadischen Wettbewerbsbehörde zu scheitern.
Kurze Vorstellung der beteiligten Unternehmen
Bevor ich Ihnen weitere Details über das mögliche Scheitern des mit 26 Mrd. US-Dollar (USD) taxierten Deals erläutere, möchte ich Ihnen die kanadischen Telekommunikationsunternehmen kurz vorstellen.
Die in Calgary/Alberta ansässige Shaw Communications Inc. ist ein kanadisches Telekommunikationsunternehmen, das Telefon-, Internet-, Fernseh- und Mobilfunkdienste anbietet. Das Unternehmen bietet seine Telekommunikationsdienste hauptsächlich in Kanadas Westen (Alberta und British Columbia) und sein Satellitenfernsehen auf nationaler Ebene an.
Die etwa 9.500 Mitarbeiter der Shaw Communications Inc. erwirtschafteten in 2021 einen Umsatz von 5,5 Mrd. CAD (kanadischer Dollar – entspricht etwa 4 Mrd. Euro). Das Nettoeinkommen des Konzerns belief sich auf 986 Mio. CAD (etwa 716,6 Mio. Euro).
Rogers Communications Inc. ist im Osten Kanadas in Toronto/Ontario beheimatet. Das Unternehmen ist laut eigenen Angaben ein führendes kanadisches Technologie- und Medienunternehmen, das Millionen von Kunden in ganz Kanada Mobilfunk-, Kabel-, Sport- und Medienangebote zur Verfügung stellt.
Die etwa 23.000 Rogers-Mitarbeiter erzielten in 2021 einen Umsatz in Höhe von 14,7 Mrd. CAD (10,7 Mrd. Euro) und ein Nettoeinkommen von 1,56 Mrd. CAD (1,13 Mrd. Euro). Die Aktien beider Unternehmen werden sowohl an der Toronto Stock Exchange als auch an der New York Stock Exchange (NYSE) gehandelt.
Was bisher geschah
Am 15. März 2021 gaben Shaw und Rogers bekannt, dass sie sich auf eine Übernahmevereinbarung geeinigt hatten. Danach wollte Rogers alle ausgegebenen und im Umlauf befindlichen Shaw-Aktien der Klasse A und der Klasse B zu einem Preis von 40,50 USD pro Aktie erwerben, was einem Transaktionswert von ca. 26 Mrd. USD entspricht (einschließlich ca. 6 Mrd. USD Schulden von Shaw).
Am 20. Mai 2021 teilte Shaw in einer Pressemitteilung mit, dass sowohl die Inhaber der Stammaktien der Klasse A und der stimmrechtslosen Vorzugsaktien der Klasse B auf einer außerordentlichen Versammlung mit überwältigender Mehrheit für den geplanten Unternehmenszusammenschluss mit Rogers gestimmt haben.
Nur wenige Tage später gab Shaw bekannt, dass auch der zuständige Gerichtshof, der Court of Queen’s Bench of Alberta, den geplanten Unternehmenszusammenschluss mit Rogers Communications Inc. genehmigt hat.
In dieser Mitteilung wies Shaw aber auch darauf hin, dass noch andere Abschlussbedingungen und Genehmigungen mehrerer kanadischer Regulierungsbehörden erfüllt werden müssen. Und genau diese noch ausstehenden Genehmigungen könnten den Deal jetzt scheitern lassen.
Wettbewerbsbehörde will Einspruch einlegen
Am Samstag, den 7. Mai 2022, teilten die beteiligten Telekommunikationsunternehmen in einer Pressemitteilung mit, dass die kanadische Wettbewerbsbehörde beabsichtige, gegen die geplante Fusion Einspruch zu erheben.
Konkret hat der kanadische Wettbewerbsbeauftragte (Commissioner of Competition) die Unternehmen am Freitagnachmittag darüber informiert, dass er beim Wettbewerbsgericht Anträge gegen die Fusion einzureichen gedenke.
Rogers und Shaw wollen an Fusion festhalten
Rogers und Shaw teilten in derselben Presseerklärung mit, dass sie auch weiterhin an der Transaktion festhalten wollen. Die Unternehmen haben angeboten, Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen der Transaktion auf den kanadischen Mobilfunkmarkt auszuräumen, indem sie den Verkauf von Shaws Mobilfunkgeschäft Freedom Mobile vorgeschlagen haben.
Aktienkurse brechen ein
Die Nachricht, dass der kanadische Wettbewerbskommissar Einspruch gegen die Fusion der beiden großen Telekommunikationsunternehmen einlegen will, hatte am gestrigen Montag, dem ersten Handelstag nach Bekanntwerden des Einspruchs, deutliche Auswirkungen auf die Aktienkurse der beiden Unternehmen.
In einem insgesamt negativen Marktumfeld – der kanadische Leitindex TSX Composite Index verlor am Montag satte 3% – verloren die A-Aktien der Shaw Communications Inc. mehr als 4,8%. Auch die A-Aktien der Rogers Communications Inc. brachen um 4,3% deutlich stärker ein als der kanadische Leitindex.
Wie es weitergeht
Ob der Einspruch des Wettbewerbskommissars beim zuständigen Gericht erfolgreich sein und die Übernahme verhindern wird, ist ungewiss. Möglicherweise werden die Unternehmen weitere Zugeständnisse machen müssen, um das Entstehen einer Monopolsituation zu vermeiden.
Der angekündigte Verkauf der Shaw-Tochter Freedom Mobile ist ein Weg in die richtige Richtung. Ob das jedoch ausreicht, um die Übernahme zu retten, bleibt offen.