Welbilt: Marktführer für professionelle Gastrotechnik wechselt für 4,8 Milliarden Dollar den Besitzer

Der Markt für professionelle Gastrotechnik gilt als lukrativ, musste aber während der Corona-Pandemie empfindliche Einbußen verkraften. Verständlich, da viele Restaurants und Hotelbetreiber ihre Investitionen vorübergehend deutlich drosselten. Diese gedrückte Stimmung wollte der US-Konzern Middleby im Frühjahr nutzen und den Rivalen Welbilt in einem Milliardendeal schlucken. Doch Middleby hatte die Rechnung ohne den Wirt beziehungsweise ohne die Konkurrenz gemacht. Kurz vor dem Ende der Angebotsfrist übertrumpfte der italienische Wettbewerber Ali Group das Angebot deutlich und erhielt nun den Vorzug.
Die Reaktionen der Anleger fielen unterschiedlich aus. Die Welbilt-Papiere sackten unter das Niveau der Ali Group-Offerte von 24 Dollar. Offenbar hatten die Investoren auf einen Bieterwettkampf mit Middleby spekuliert. Die Aktie von Middleby profitierte hingegen von dem Rückzug und legte zeitweise deutlich zu. Hier goutierten die Anteilseigner, dass das Management seiner Preisdisziplin bei Übernahmen treu bleibt.
Wer hinter Welbilt steckt
Das Objekt der Begierde dürfte hierzulande den wenigsten bekannt sein, in seiner Nische ist das Unternehmen aber bekannt wie ein bunter Hund: Welbilt ist ein Traditionsunternehmen mit über 90-jähriger Firmengeschichte. Der Konzern ist einer der größten Hersteller für professionelle Gastrotechnik. Ob gewerbliche Kühl- und Gefrierschränke, Frittiersysteme, Dampfgeräte oder Getränkespender – Welbilt hat nahezu alles im Angebot.
Dabei gilt die Firma als hochinnovativ. Vor allem im Bereich der Automatisierung von Großküchen ist der Konzern hervorragend positioniert. Mit Kitchenconnect bietet Welbilt eine cloudbasierte Netzwerklösung, mit der die komplette Küchentechnik vernetzt und Gerätedaten sowie Abläufe optimiert werden.
Insgesamt beschäftigt der Konzern in 19 globalen Fertigungsstätten rund 4.400 Mitarbeiter und erwirtschaftete zuletzt einen Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Dollar.
Middleby zieht den Kürzeren
Mit seinen Produkten hätte Welbilt optimal zu Middleby gepasst. Das kombinierte Unternehmen wäre auf einen Umsatz von 3,7 Milliarden Dollar gekommen. Innerhalb von drei Jahren nach dem Zusammenschluss sollten Synergien von rund 100 Millionen Dollar pro Jahr realisiert werden. Der Deal, der komplett in Aktien ablaufen sollte, enthielt eine Prämie zum Schlusskurs vor den Übernahmeverhandlungen von 28%.
Ali Group legt nochmals einen drauf
Allerdings wurde die Offerte von dem italienischen Konzern Ali Group überboten. In einem ersten Schritt boten die Italiener 23 Dollar in Cash, erhöhten das Angebot aber im Nachgang noch auf 24 Dollar je Welbilt-Aktie. Inklusive Schulden wird Welbilt entsprechend mit 4,8 Milliarden Dollar bewertet.
Hinter der Ali Group steckt ein italienischer Konzern mit Hauptsitz in Mailand. Gegründet 1963 von Luciano Berti, beschäftigt Ali mit seinen 80 globalen Marken ca. 10.000 Mitarbeiter in 30 Ländern und ist, gemessen am Umsatz, eine der weltweit größten Firmen in dieser Branche. Dabei deckt der Konzern von der Entwicklung, Produktion, Vermarktung und dem Service ein enorm breites Sortiment an kommerzieller und institutioneller Großküchentechnik ab.
Der Welbilt-Großaktionär Carl Icahn, der 7,7% aller Anteile hält, unterstützt den Zusammenschluss. Allerdings muss Welbilt eine Strafzahlung auf Grund der abgebrochenen Verhandlungen mit Middleby in Höhe von 110 Millionen Dollar zahlen. Zumindest das dürfte ein Trostpflaster für die Middleby-Aktionäre sein.