Das sind die Aussichten für die Biotech-Branche
Mit der Gentechnologie kamen sie auf, die innovativen Biotech-Schmieden und schufen Therapieformen, mit denen sich Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Psoriasis oder bestimmte Krebsarten erstmals behandeln ließen.
Auf Pioniere wie Biogen oder Amgen folgten weltweit Wirkstoffentwickler, die Anleger in ihren Bann zogen. Die klassischen Pharmaunternehmen wirkten dagegen behäbig. Ungebremst wuchs der Bereich Biotech, die Aussichten schienen ungetrübt.
Die ganz wilden Jahre sind vorerst vorbei
In der Strukturbereinigung blieben viele kleinere Hoffnungsträger auf der Strecke, sei es, weil sie zu wenig Produkte für seltene Krankheiten anboten oder weil sie von Mitbewerbern oder großen Pharmariesen geschluckt wurden. Danach drehte sich das Übernahmekarussell mit zahlreichen Fusionen bzw. Aufkäufen weiter und sorgte zusätzlich für enormes Wachstum mit hohen zweistelligen Werten.
Damit bestätigten sich die guten Aussichten für Biotech-Anleger. So konnte sich der Sektor-Index Nasdaq Biotechnology zwischen 2011 und Mitte 2015 mehr als vervierfachen. Danach waren die wilden Jahre der Überflieger zunächst vorbei. Als im US-Wahlkampf die Diskussion um überhöhte Medikamentenpreise entbrannte, verdüsterten sich die Aussichten in der Biotech-Branche.
Die Kurse gaben um gut ein Drittel nach. Betroffen waren vor allem kleinere Branchenvertreter. Nach der Wahl von Trump gab es vorübergehend etwas Auftrieb, weil das Thema Preisbegrenzungen anders als bei Clinton nicht im Programm erschien. Doch damit ist es nicht vom Tisch.
Aussichten für Biotech mit veränderten Vorzeichen
Immer öfter ringen die Versicherer den Unternehmen Preiszugeständnisse ab, vor allem was längst etablierte Therapien angeht. Das bisherige Vorgehen, patentgeschützte Medikamente jedes Jahr zu verteuern, wird wohl nicht mehr so einfach funktionieren. Die bewährte Umsatz- und Gewinnmaschine dürfte künftig auf niedrigeren Drehzahlen laufen.
Der Schwerpunkt verlagert sich auf Neuentwicklungen. Hier können Medikamente ihre Kosten eher rechtfertigen, auch wenn sie in der Kritik stehen. So geriet etwa Gilead Sciences wegen extrem hoher Preise für ein Präparat gegen Hepatitis-C unter öffentlichem Beschuss. Allerdings ist es das erste, mit dem die Erkrankung nicht nur gestoppt, sondern geheilt werden kann.
Offenbar steht die Biotechnologie auch in Bereichen wie HIV oder dem Zikavirus vor dem Durchbruch. Und bahnbrechende Neuerungen kündigen sich für weitere bislang unheilbare Krankheiten an. Als Folge der Innovationsflut werden sich etablierte Therapien als Umsatzbringer weniger lange halten. Chancen haben nur Spezialisten und finanzstarke Unternehmen mit genügend Innovationen in der Pipeline.
Konzentration auf Kernkompetenzen
Den Löwenanteil machen US-Firmen aus. Drei Viertel der Umsätze in den USA entfallen auf die Spitzenreiter Amgen, Biogen, Celgene, Gilead Sciences und Regeneron. Für Aufsehen sorgt Biogen mit seinem Plan, das einträgliche Geschäft mit der Hämophilie, der Bluterkrankheit, an die Börse zu bringen. Der Spin-Off ist im Frühjahr 2017 geplant und könnte bis über 6 Mrd. US-$ in die Kassen spülen. Zudem kann sich Biogen auf seine Kernkompetenz Autoimmunerkrankungen konzentrieren.
Damit folgt das Unternehmen einer Erkenntnis: Künftig zählen Geschäftsmodelle, die darauf abzielen, in wenigen ausgewählten Bereichen eine Vormachtstellung zu erringen. Die Branche wird kräftig weiter wachsen, wenn auch unter veränderten Vorzeichen und weniger extrem als in der Vergangenheit.
Einstiegsgelegenheit nach Überbewertung
Aktuell könnte die Kurskorrektur der Biotech-Titel eine Gelegenheit sein. Auch ist das KGV ist auf breiter Front deutlich gesunken. Zuvor hatte die mittlerweile abgeebbte Übernahmelaune für sehr hohe Bewertungen gesorgt.
Wer vom neuen Schwung der Zukunftsbranche auf breiter Front profitieren will, ohne Rückschläge einzelner Firmen wegen verpatzter Studienergebnisse neuer Produkte zu riskieren, findet eine ganze Reihe von ETFs. Die drei größten konzentrieren sich auf den Nasdaq Biotechnology.
Alternativ besticht die Aktie von BB Biotech. Das Papier der weltweit größten Biotechnologie-Beteiligungsgesellschaft konnte in den letzten Monaten wieder kräftig zulegen, während der Nasdaq noch in der Konsolidierung hängt.