Biontech ist weiter auf Expansionskurs

Das Pharmaunternehmen Biontech ist weiter auf Expansionskurs. Zum Jahresbeginn gaben die Mainzer die größte Übernahme der kompletten Firmengeschichte bekannt. Für das britische Start-Up Instadeep legte Biontech rund 410 Millionen Euro auf den Tisch. Mit dem Deal verstärkt sich der Konzern im Bereich künstliche Intelligenz. Die Technologie von Instadeep will Biontech in wichtigen strategischen und operativen Funktionen einsetzen, einschließlich Forschung, Wirkstoffsuche und Arzneimittelherstellung.
Nun legen die Mainzer nach und verstärken sich mit einer millionenschweren Kooperation im Krebsbereich. Nachdem Biontech durch den Erfolg mit seinem Covid-Impstoff im Geld schwimmt, tätigt das Unternehmen den größten Produktzukauf der Firmenhistorie. In einem Millionendeal sichert sich der Konzern Zugang zu einem neuen Krebsmittel.
Biontech legt 200 Millionen Dollar für weltweite Rechte auf den Tisch
Für eine Vorabzahlung von 200 Millionen Dollar sichert sich Biontech die weltweiten Rechte an einer potenziellen Krebsimmuntherapie, die von der privaten US-Firma OncoC4 entwickelt wurde. Dabei handelt es sich um eine innovativen Wirkstoff. Zum Hintergrund: Der antikörperbasierte Wirkstoff mit der Bezeichnung ONC-392 zielt darauf, die Immunreaktionen gegen Krebszellen zu verstärken. Das Medikament von OncoC4 richtet sich gegen CTLA-4, ein Protein, das auf Immunzellen zu finden ist und Immunreaktionen in Schach hält. Bei Krebs hält dieses Protein die T-Zellen davon ab, Krebszellen zu erkennen und abzutöten. Eine Klasse von Arzneimitteln, die so genannten Checkpoint-Inhibitoren, blockieren solche Proteine und setzen die Immunzellen frei, um den Krebs zu bekämpfen.
Bislang wurde der Wirkstoff in einer sogenannten Phase-1/2-Studie getestet, in der erste Daten zu Verträglichkeit und Wirksamkeit ermittelt werden.
Behandlung verschiedener Tumore im Visier
Noch im laufenden Jahr wollen beide Firmen eine größere Phase-3-Studie starten, die dann auch zulassungsrelevante Resultate liefern könnte. Die Mainzer planen, den Wirkstoff auch in Kombination mit eigenen Produktkandidaten zu testen. Der Antikörper hat von der US-Arzneimittelbehörde FDA den sogenannten Fast-Track-Status erhalten. Damit soll die Medikamentenentwicklung beschleunigt werden. Dabei wird der Wirkstoff als Monotherapie für immuntherapieresistenten, nicht kleinzelligen Lungenkrebs sowie als Kombinationstherapie bei Eierstockkrebs untersucht.
Vorabzahlung plus erfolgsabhängige Vergütung
Über die Vorabzahlung hinaus hat das US-Unternehmen Anspruch auf erfolgsabhängige Meilenstein-Zahlungen sowie im Fall einer erfolgreichen Vermarktung auch auf Lizenzgebühren im zweistelligen Prozentbereich.
Der Abschluss der Transaktion wird für das erste Halbjahr 2023 erwartet, vorbehaltlich üblicher Vollzugsbedingungen sowie behördlicher Genehmigungen.
Biontech mit mehr als 20 Krebstherapien in der Entwicklung
Leisten kann sich Biontech den Deal allemal. Nach dem Erfolg mit dem Covid-Impfstoff Corminaty, der gemeinsam mit Pfizer entwickelt wurde, sitzen die Mainzer auf Barreserven von knapp 20 Milliarden Dollar. Der Deal macht deutlich, dass Biontech in der Krebsforschung auf ein breiteres Spektrum an Technologien setzen möchte, sprich nicht nur auf die in der Impfstoffentwicklung erfolgreiche mRNA. In jedem Fall stärkt der Konzern seine Produktpipeline.
Einschließlich des neu erworbenen Projekts umfasst die Entwicklungspipeline von Biontech im Bereich der Onkologie künftig insgesamt 20 potenzielle Krebstherapien, die bereits am Menschen getestet werden. Gut die Hälfte davon entfällt auf mRNA-basierte Produktkandidaten, der Rest auf andere Wirkstoffe und Verfahren.
Der Aktie hat der Deal allerdings noch nicht geholfen. In einem starken Marktumfeld notierten die Biontech-Papiere nur mit einem kleinen Kursaufschlag. Vielleicht können die nächsten Quartalszahlen, die am kommenden Montag veröffentlicht werden, für eine Trendwende sorgen.