Volkswagen: Und wieder grüßt der Dieselskandal

Volkswagen: Und wieder grüßt der Dieselskandal
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Bald 7 Jahre ist es her, dass mit den systematisch manipulierten Abgaswerten von Dieselfahrzeugen bei Volkswagen einer der größten Wirtschaftsskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte aufgeflogen ist.

Mit Hilfe einer speziellen Software hatten die Dieselfahrzeuge auf dem Prüfstand zwar strenge Vorgaben hinsichtlich der Abgaswerte erfüllt, im tatsächlichen Gebrauch im Straßenverkehr lag der Ausstoß giftiger Abgase jedoch deutlich höher.

Aufarbeitung kostete bereits mehr als 30 Milliarden Euro

Das Thema lässt den Konzern auch im Jahr 2022 nicht los: Noch immer wird prozessiert, noch immer gerät das Thema in die Schlagzeilen, auch wenn man die Sache in Wolfsburg gerne längst abgehakt hätte. Immerhin hat der Skandal das Image der Marke Volkswagen immens beschädigt, der Aktienkurs ist abgestürzt und hat Jahre gebraucht, sich annähernd auf das Niveau von 2015 zurück zu kämpfen.

Nicht nur hinsichtlich der Reputation, sondern auch wirtschaftlich hat der Dieselskandal den Konzern schwer belastet. Mehr als 32 Milliarden Euro musste Volkswagen bislang für die Aufarbeitung auf den Tisch legen, das meiste davon floss in die USA in Form von Strafzahlungen oder zur Begleichung von Schadenersatzansprüchen. Im Gegensatz zu europäischen Autokäufern konnten US-Kunden oftmals hohe Summen gegen Volkswagen durchsetzen.

Muss Winterkorn sich nun doch wegen Marktmanipulation verantworten?

Doch auch in Deutschland ist die Justiz nach wie vor mit dem Fall befasst. In Braunschweig läuft ein Prozess gegen mehrere hochrangige Ex-Manager von Volkswagen wegen des Vorwurfs des Betrugs. Das Verfahren gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn wurde wegen dessen Gesundheitszustands abgetrennt.

Neben den Betrugsvorwürfen, die sich unter anderem auf die gezielte Täuschung der Kunden beziehen, muss sich Winterkorn jedoch womöglich noch einem anderen Prozess stellen. Dabei geht es um mögliche Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz – also um Marktmanipulation.

Oberlandesgericht kassiert Landgerichtsbeschluss

Das Landgericht Braunschweig hatte das Verfahren Anfang 2021 eingestellt, mit Verweis auf das laufende Betrugsverfahren, bei dem mit einer höheren Strafzumessung gerechnet werden könne. Das Oberlandesgericht Braunschweig entschied nun aber zugunsten einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft, dass das Landgericht die Einstellung des Verfahrens noch einmal überprüfen und erneut entscheiden muss.

Es geht dabei vor allem um die Frage, wann Winterkorn was gewusst hat, und ob er die Anleger früher hätte informieren müssen. Bereits seit Längerem ist bekannt, dass Dokumente darauf hinweisen, dass der Führungszirkel um Winterkorn spätestens im Juli 2015 Kenntnis über die manipulierten Abgaswerte erlangt haben soll. Die Aktionäre wurden von dem Skandal Mitte September 2015 jedoch eiskalt erwischt.

Aktionäre 2015 von Dieselskandal kalt erwischt

Zu einem Zeitpunkt, als sich die im Dax gelistete VW Vorzugsaktie auf einem historischen Höchststand bewegte, zog die Meldung über den Skandal Anlegern den Boden unter den Füßen weg. Niemand hatte es kommen sehen. Die Aktie rauschte über Nacht in den Keller und verlor binnen kürzester Zeit mehr als die Hälfte an Wert.

Das könnte nun nicht nur VW noch einmal einholen, sondern auch Winterkorn ganz persönlich, sollte das Landgericht Braunschweig seine Entscheidung revidieren und das Verfahren gegen den inzwischen 74-Jährigen Ex-Vorstandschef doch noch einmal aufnehmen.

VW kämpft mit Lieferproblemen

Der VW Konzern selbst leidet – ebenso wie die gesamte Branche – seit Monaten unter Chipkrise und Lieferengpässen, die durch den Krieg in der Ukraine und strikte Lockdowns in China noch verschärft werden. Allein in den vergangenen sechs Monaten hat sich die VW Vorzugsaktie um fast 30 Prozent verbilligt, zuletzt war das Papier für rund 145 Euro zu haben.

Analysten bescheinigen der Aktie jedoch starkes Kurspotenzial und raten mit großer Mehrheit zum Kauf. Die Kursziele bewegen sich überwiegend in einem weit gefassten Korridor zwischen 200 und 300 Euro.

Analysten vor Quartalsbilanz zuversichtlich gestimmt

So sieht die Credit Suisse die faire Bewertung der VW Vorzugsaktie derzeit bei 205 Euro, die US-Investmentbank Goldman Sachs geht von einem Kursziel von 224 Euro aus. JP Morgan stuft VW bei 235 Euro ein, die Schweizer UBS bei 280 Euro.

Frische Impulse könnte die Aktie in der kommenden Woche erfahren. Dann werden die Wolfsburger ihre Bilanz für das Auftaktquartal 2022 vorlegen und wohl auch einen Blick auf die Erwartungen für die kommenden Monate werfen.