Volkswagen wegen China-Werk unter Druck

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Harter Schlag für Volkswagen: Wegen der Menschenrechtsverletzungen im chinesischen Xinjiang verweigert die Bundesregierung erstmalig weitere Investitionsgarantien.

Bundesregierung verweigert Investitionsgarantien für VW

Hintergrund ist der Umgang Chinas mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region, in der neben anderen deutschen und europäischen Unternehmen auch der Volkswagen-Konzern eine Produktionsstätte unterhält.

Die eingereichten Investitionsanträge beziehen sich zwar laut Medienberichten nicht auf das dortige Werk, sondern auf andere Standorte in der Volksrepublik. Doch das von Robert Habeck (Grüne) geführte Bundeswirtschaftsministerium lehnt es offenbar ab, dafür neuerliche Garantien auszusprechen.

Wolfsburger wollen an Investitionsplan festhalten

In der Vergangenheit hatte der Bund in der Regel für Investitionen deutscher Unternehmen in China gebürgt, auch VW profitierte über lange Jahre davon. Der nun erfolgte Richtungswechsel war in Wolfsburg allerdings schon erwartet worden, er hatte sich nach der Bundestagswahl bereits abgezeichnet.

Für den Konzern bedeutet das nun, die finanziellen Risiken entsprechender Investments selbst tragen zu müssen. Volkswagen ließ bereits verlautbaren, dass man dennoch an den geplanten Investitionen festhalten wolle.

Umgang mit China wird zur Gretchenfrage

Für deutsche Autobauer entwickelt sich der Umgang mit China zunehmend zur Gretchenfrage: Auf der einen Seite gilt das Reich der Mitte für die Exporteure nach wie vor als wichtigster Wachstumsmarkt. Auf der anderen Seite steigen die Risiken, und das nicht nur im Hinblick auf finanzielle Garantien des Bundes.

Die rigorose Null-Covid-Politik der chinesischen Zentralregierung hat in den vergangenen Monaten zu wochenlangen strikten Lockdowns in mehreren Wirtschaftsmetropolen geführt. Unter anderem Shanghai war für rund 2 Monate komplett lahmgelegt. Etliche deutsche und europäische Firmen sind in der Region angesiedelt und waren direkt oder indirekt durch den Lockdown betroffen.

Russland-Sanktionen rücken China-Probleme stärker ins Bewusstsein

Produktionsstopps und Lieferkettenprobleme in Folge der Pandemie sind das eine. Immer drängender wird jedoch auch eine Haltungsfrage. So betont China nach wie vor seine Neutralität gegenüber Russland in der Ukraine-Frage und grenzt sich damit deutlich von seinen westlichen Handelspartnern ab.

Während westliche Verbündete etliche wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland durchgesetzt haben, drängt sich im Hintergrund immer mehr die Frage auf, was konsequenterweise geschehen müsste, würde China seinerseits etwa Taiwan in Beschlag nehmen. Klar ist: Die Auswirkungen wären ungleich größer, denn die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der Volksrepublik und Europa sind in den vergangenen beiden Dekaden immer enger geworden.

IG Metall fordert Rückzug aus Xinjiang

Seitens der Bundesregierung wird jedoch betont, dass lediglich Garantiezusagen für solche Projekte verweigert würden, die einen direkten Bezug zur Provinz Xinjiang aufwiesen oder bei denen ein solcher Bezug nicht auszuschließen sei. Für Projekte in anderen Regionen Chinas, die nachweislich keinen Bezug zu Xinjiang aufwiesen, würden weiterhin Garantien bewilligt.

Unterdessen macht sich inzwischen auch die mächtige Gewerkschaft IG Metall dafür stark, sich aus Xinjiang zurückzuziehen. Eine entsprechende Aufforderung richtete die Arbeitnehmervertretung in der vergangenen Woche an den Volkswagenvorstand.

Konzernchef Diess sieht „positive Effekte durch Präsenz“

Das Werk in der Provinz wurde 2013 eröffnet. Schon seit langem steht Volkswagen deswegen immer wieder in der Kritik. Vorstandschef Herbert Diess verweist darauf, dass es in der VW-Fabrik selbst nicht zu Menschenrechtsverletzungen komme und die Präsenz westlicher Konzerne insgesamt positiven Einfluss auf das Leben der Menschen dort habe.

Doch die IG Metall fordert von dem Konzern, für den China inzwischen mit einem Absatzanteil von gut 40 Prozent zum wichtigsten Markt angewachsen ist, sich dennoch klar zu positionieren und abzugrenzen auch von Greueltaten, die zwar nicht „im eigenen Vorgarten“, aber doch mutmaßlich in direkter Nachbarschaft stattfänden.

Absatzflaute – in China und weltweit

Neben politischem Gegenwind befindet sich Volkswagen auch wirtschaftlich gesehen derzeit in eher schwierigem Fahrwasser. Der Absatz in China fiel 2021 auf den schwächsten Wert seit 2012 zurück, nicht einmal 2,2 Millionen Fahrzeuge der Kernmarke VW wurden im vergangenen Jahr im Reich der Mitte an die Kunden übergeben. Zum Vergleich: Im Vor-Corona-Jahr 2019 lag die Zahl der Auslieferungen noch bei 3,1 Millionen Autos.

Weltweit verkaufte der Volkswagen-Konzern im Mai gut 658.000 Fahrzeuge. Das entspricht einem Rückgang um 23,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Auf vergleichbarem Niveau gingen die Verkaufszahlen in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres insgesamt zurück um gut ein Viertel auf nur noch etwas mehr als 3 Millionen Autos.

VW Vorzugsaktie verliert ein Fünftel an Wert

Vor allem günstigere Fahrzeuge der Marken VW und Skoda verkauften sich zuletzt deutlich schlechter. Hier machen sich offenbar nicht zuletzt die Kaufkraftverluste infolge rasant steigender Inflationsraten bemerkbar. Doch auch die Premiummarke Audi sowie Luxusautos der Marke Porsche verzeichneten rückläufige Verkaufszahlen (minus 21 Prozent beziehungsweise minus 10 Prozent).

Anlegern schmeckt die Entwicklung nicht wirklich. In einem ohnehin schwierigen Marktumfeld fiel auch die im Dax gelistete VW Vorzugsaktie zuletzt erneut zurück. Seit Beginn des Jahres hat der Kurs um rund ein Fünftel an Wert verloren, auf Wochensicht ging es um 10 Prozentpunkte abwärts.

Zwar trauen etliche Analysten der VW Aktie einen Anstieg auf 200 bis 250 Euro zu. Von diesen Sphären ist der Kurs allerdings noch meilenweit entfernt. Zuletzt war die VW Vorzugsaktie für gut 140 Euro zu haben.