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Tschechien: Chancen für Investoren

Inhaltsverzeichnis

„Es gibt kaum zwei Länder in Europa, die so enge gesellschaftliche Verbindungen teilen wie Deutschland und Tschechien.“ Der positive Akzent vom ehemaligen Außenminister Westerwelle anlässlich eines Termins Ende 2012 wird von der tschechischen Wirtschaftsförderung gerne betont, um deutsche Investoren vom reibungslosen Ablauf geschäftlicher Engagements zu überzeugen.

Doch auch Bilder von gutgelaunten Geschäftsleuten beim gemeinsamen Bier dürfen nicht täuschen: Wer in Tschechien investieren will, sollte – wie überall – nüchtern vorgehen. Das heißt die Zahlen, Potenziale aber auch Eigenheiten und Erfahrungen analysieren.

Die Großen investieren in Tschechien

Was Tschechien unter den neuen EU-Mitgliedern seit 2004 auszeichnet: Nach dem Ende der sozialistischen Zentralwirtschaft konnte es schnell an seine traditionell hochentwickelte Industrie anknüpfen und sich zum erfolgreichsten Neuaufsteiger mausern. Eine vergleichsweise gute Infrastruktur und steuerliche Anreize veranlassten zahlreiche Kapitalgeber in Tschechien zu investieren.

Bevorzugte Branchen sind unter anderem Biotechnologie, Nanotechnologie und Molekulargenetik. Vor allem aber die Automobilindustrie und der Maschinenbau. Das Traditionsunternehmen Skoda ist das wohl prominenteste Beispiel einer gelungenen Investition. Die VW-Tochter hat sich mit über 1 Mio. verkauften Fahrzeugen im Jahr zur Ertragsperle mit der höchsten Umsatzrendite im Konzern entwickelt.

Von der Mischung aus einem noch niedrigen Lohnniveau und hoher Produktivität profitiert auch der PSA Konzern (Citroen/Peugeot), der zusammen mit Toyota in Kolin Kleinwagen produziert. Auch andere asiatische Größen wie Hyundai, Foxconn oder Panasonic nutzen Tschechien als strategisch ideal gelegenen Brückenkopf in Europa. Und seit letztem Jahr stehen besonders die Chinesen hoch im Kurs. Chinas Anteil am Gesamtvolumen ausländischer Investitionen soll auf 3,5 % steigen.

Die Zahlen stimmen

Dies ist auch nötig, denn im Jahr zuvor ist der Nettozufluss ausländischer Direktinvestitionen spürbar zurückgegangen. Für einen gewissen Ausgleich sorgte Kapitalzufluss aus Deutschland, dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner. Tschechien ist extrem exportabhängig. Die Ausfuhren entsprechen gut 85 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). 2015 ist es um ganze 4,5 % gewachsen. 2016 aber nur noch halb so stark.

Eine weitere Vorzeigezahl ist die Arbeitslosenquote. Mit 4 % ist sie die niedrigste in der EU. Auch das Haushaltsdefizit glänzt mit gerade mal 0,3 %. Eigentlich hervorragende Voraussetzungen. Einer Umfrage der Deutsch-Tschechischen Industrie und Handelskammer (DTIHK) zufolge sind die meisten befragten deutschen Firmen weitgehend zufrieden und wollen weiterhin in Tschechien investieren.

Gewöhnungsbedürftige Schattenseiten

Doch es hagelt auch Kritik. So sorgt das Rechtssystem seit geraumer Zeit für mehr Unsicherheit als zuvor. Dabei sollte es eigentlich besser werden. 2014 wurde das veraltete Zivil- und Handelsrecht komplett überarbeitet. Damit aber steht die Rechtsprechung quasi am Neuanfang. Zentrale Fragen und Auslegungen müssen sich erst über Jahre und zahlreiche Gerichtsentscheidungen klären.

Und: Viele Firmen finden keine ausreichend qualifizierten Berufsschul-Absolventen mehr. Besonders betroffen sind deutsche Industriebetriebe. Die ersten überlegen bereits, Arbeitsplätze nach Deutschland zurückzuverlagern. Für Ärger sorgen auch die verbreitete Korruption, kaum nachvollziehbare bürokratische Hürden und eine schlecht berechenbare Wirtschaftspolitik.

Einigermaßen berechenbar erscheint zumindest die Währungspolitik. Die Interventionen, mit denen die Krone künstlich geschwächt wurde, werden wohl bis Mitte des Jahres anhalten. Laufen sie danach aus, wird die Krone um ca. 10 % teurer. Bis dahin können Investoren den Währungsvorteil noch mitnehmen.

Wer in Einzelaktien investieren will, findet die 50 größten Titel im PX-Index an der Prager Börse gelistet. Die drei Schwergewichte sind der Energieversorger CEZ, die Komercni Bank sowie die Erste Bank aus Österreich. Auf Jahressicht konnte der Index um 9,8 % zulegen.