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TUI-Aktionäre wenden Insolvenzgefahr vorerst ab

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Kennen Sie das Kölsche Grundgesetz? Es lautet: „Et hätt noch immer jot jejange“. Zwar liegt der Firmensitz von TUI nicht in Köln, sondern in Berlin (oder Hannover, da will sich das Unternehmen nicht so genau festlegen), doch was gestern auf der außerordentlichen Hauptversammlung des Touristikkonzerns abgegangen ist, entspricht dem, was genannte Vorsehung sagen will.

Drittes Finanzpaket genehmigt

Denn gestern haben die Tui-Aktionäre dem Anfang Dezember zwischen dem Unternehmen, der Bundesregierung, verschiedenen Banken und der Beteiligungsgesellschaft der russischen Milliardärsfamilie Mordaschow vereinbarten dritten Finanzierungspaket zugestimmt. Damit kann sich der deutsche Staat nach der Lufthansa an einem weiteren angeschlagenen Unternehmen der Reisebranche beteiligen. Die Zustimmungsquoten auf der virtuellen Hauptversammlung lagen zwischen 97,95 und 98,04 Prozent.

Dass die Zustimmungsquoten so hoch ausfielen, war zu erwarten gewesen. Denn die Alternative wäre die baldige Zahlungsunfähigkeit – und damit Insolvenz – des schwer von der Corona-Krise getroffenen Touristikkonzerns gewesen, die nun wahrlich in niemandes Interesse gewesen wäre.

Eine der Kröten, die die Aktionäre schlucken mussten, ist, dass sich der Bund mit insgesamt bis zu 25 Prozent plus einer Aktie an der TUI beteiligt. Damit hat der Bund eine Sperrminorität an der TUI – und somit ein Mitspracherecht bei weiteren zentralen, unternehmerischen Entscheidungen. Kapitalerhöhungen etwa können zukünftig nur noch mit Zustimmung des Bundes durchgeführt werden. Doch die insgesamt 1,8 Milliarden Euro, die TUI insgesamt zufließen werden, waren einfach zu verlockend.

Kritik auch aus den eigenen Reihen

Trotzdem ist der Einstieg des Staates nicht unumstritten. Denn eigentlich kommen in der sozialen Marktwirtschaft direkte Staatsbeteiligungen an privatwirtschaftlichen Unternehmen nur als Ausnahme infrage. Das hat bis vor kurzem auch die EU-Kommission so gesehen, die das Credo ausgegeben hat, dass eine staatliche Hilfe „geeignet und angemessen“ sein muss, um eine „beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats zu beheben“.

Wo diese Störung im fall TUI zu verorten ist, bleibt ungeklärt. Schließlich gibt es tausende mittelständische Tourismusunternehmern, die nun mit Wettbewerbsverzerrungen zu kämpfen haben. Fairer Wettbewerb sieht anders aus. Doch offenbar will die Bundesregierung auch in der Tourismusindustrie ein „too big to fail“ ausgemacht. So wie zuvor in der Finanzdienstleistungs- und Luftfahrtindustrie, wo Milliarden in die Rettung von Commerzbank und Lufthansa versenkt wurden, ohne Aussicht, jemals eine für den Steuerzahler akzeptable Rendite einfahren zu können.

Weitere Rettungshilfen?

Zumal weitere Unterstützungszahlungen an die TUI absehbar sind. Zwar wurden weitere Bitten an den Staat vom Vorstandsvorsitzenden Friedrich Joussen auf der Hauptversammlung explizit ausgeschlossen. Vermutlich weiß er aber selbst, dass diese Vorgabe unrealistisch sein dürfte. Um den Sommerurlaub zu buchen werden in der Tourismusindustrie im Januar und Februar bekanntlich die meisten Geschäfte abgeschlossen.

Ob diese heuer, mit Dauer-Lockdown, Ausgangsbeschränkungen und der Unsicherheit, im Sommer überhaupt in fremde Länder verreisen zu dürfen, so sprudeln wie notwendig, kann bezweifelt werden. Hinzu kommen die Gutscheine, die viele noch aus dem Vorjahr einlösen können.

Nein, Joussen hat Recht, wenn er sagt, dass TUI derzeit ein „Unternehmen ohne Produkt und ohne Umsatz“ ist. Und wo sollte eine Aktie stehen, für die selbiges zutrifft? Richtig, deutlich tiefer!