Seagen-Aktie nach Übernahmespekulationen kräftig im Plus

Derzeit dreht sich das Übernahmekarussell wieder schneller und die Gerüchteküche brodelt. Jetzt haben die Spekulationen wieder einmal die Biotech-Branche erreicht. Kein Wunder, immerhin versuchen die großen Pharmakonzerne seit geraumer Zeit mit Übernahmen ihr Wachstum anzukurbeln.
Nun hat offenbar der US-Pharmakonzern Pfizer ein Auge auf das Biotechunternehmen Seagen geworfen. Auch wenn sich laut dem Wall Street Journal die Gespräche noch in einem frühen Stadium befinden, die Kursreaktion bei Seagen ließ nicht lange auf sich warten. In den letzten Tagen zogen die Seagen-Papiere deutlich an und der Marktwert des Konzerns hat nach dem Kurssprung die Marke von 33 Milliarden Dollar gerade überschritten.
Seagen weckt Begehrlichkeiten
Hinter Seagen verbirgt sich Spezialist für vielversprechende Krebstherapien, weshalb der Konzern schon seit längerem immer wieder als Übernahmekandidat gehandelt wird. Laut Medienberichten zählte im vergangenen Jahr auch der Pharma-Gigant Merck & Co. zu den Interessenten. Zwar kam der Deal nicht zustande, Gerüchten zufolge lag der potenzielle Kaufpreis aber bei 40 Milliarden Dollar oder mehr. Bereits damals soll auch der jetzige Interessent Pfizer Interesse gezeigt haben.
Der Spezialist für Krebstherapien
Das 1998 gegründete Biotech-Unternehmen mit Sitz in Seattle und gut 3000 Mitarbeitern gilt als ein Vorreiter auf dem Feld der Antikörper-Wirkstoff-Konjugate. Dahinter verbirgt sich eine neue Klasse von Krebsmedikamenten, die derzeit für Furore im Markt sorgt. Dabei werden Antikörper mit einem Zellgift gekoppelt, das auf diese Weise gezielt zu den Tumorzellen transportiert wird.
Ein gutes Dutzend solcher Antikörper-Konjugate ist bisher zugelassen, weitere 100 befinden sich in klinischen Tests. Seagen selbst hat bisher vier solcher Wirkstoffe durch die Zulassung gebracht und erzielte mit diesen Produkten sowie Lizenzeinnahmen im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 1,96 Milliarden Dollar. Davon entfielen gut 40% auf das Hauptprodukt Adcetris, ein Medikament gegen verschiedene Formen von Lymphdrüsenkrebs. Unter dem Strich verharrte Seagen aber noch in der Verlustzone. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wies der US-Konzern einen Verlust von 610 Millionen Dollar aus.
Pfizer sitzt auf immensem Cash-Berg
Der Interessent Pfizer schwimmt derzeit regelrecht im Geld. Mit dem Covidimpfstoff Comirnaty und dem Medikament Paxlovid hat der Pharma-Riese in den vergangenen beiden Jahren mehr als 90 Milliarden Dollar an Umsatz eingefahren. Zuletzt saß der Konzern auf einem beachtlichen Geldberg von rund 23 Milliarden Dollar.
Allerdings werden die Coviderlöse in den kommenden Jahren stark sinken, zudem laufen mehrere wichtige Patente aus. Pfizer muss bis 2030 geschätzte 17 Milliarden Dollar Umsatzeinbußen durch Patentverluste ausgleichen. Dabei hat sich der Konzern vorgenommen, bis 2030 ein zusätzliches Umsatzpotenzial von 25 Milliarden Dollar durch Zukäufe zu schaffen.
Übernahmen sollen Wachstum ankurbeln
Daher ist Pfizer seit geraumer Zeit auf Einkaufstour. Die Liste der Zukäufe ist lang und die Kaufpreise hoch: Rund 10,5 Milliarden Dollar hat sich der Konzern nach eigener Einschätzung bereits durch die Übernahmen der Biotech-Firmen Arena, Biohaven, Global Blood Therapeutics und Reviral in den vergangenen beiden Jahren gesichert. Mit Seagen würde sich Pfizer ein weitere starkes Standbein in einem aussichtsreichen Wachstumsmarkt sichern.
Ob der Deal allerdings glatt durchgehen würde, ist fraglich. So wies die Needham-Analystin Ami Fadia darauf hin, dass kartellrechtliche Bedenken einen möglichen Abschluss zunichtemachen könnten. Die Aktionäre sind hingegen erstmal optimistisch. Das Kursplus beträgt nach dem jüngsten Anstieg seit dem Jahreswechsel rund 40%.