Private Raumfahrt: Zukunftsbranche mit Potenzial
Beim Thema Raumfahrt wird verbreitet noch in alten Mustern gedacht: Machen die Amerikaner oder die Russen das Rennen im All? Wie weit sind die Chinesen? Haben die Europäer eine Chance? Dabei sind nationale und staatliche Strukturen längst aufgebrochen.
Private Raumfahrtunternehmen wie Virgin Galactic oder SpaceX zeigen, wie sich mit Wettbewerb und alternativen Konzepten Weltraummissionen wirtschaftlicher realisieren lassen als bisher.
Private Raumfahrt als Zukunftsbranche
Trotz aller Zweifel, die meist nach missglückten Raketenstarts aufkommen: Die private Raumfahrt ist eine Zukunftsbranche. Ihr Potenzial liegt vor allem in der Entdeckung neuer Geschäftsfelder. Die Faszination Raumfahrt bekommt zunehmend ein wirtschaftliches Gesicht und wird frisch belebt. Zuvor schien die Anfangseuphorie nach geglückten Mond- und Marslandungen nachzulassen.
Die Raumstation ISS wurde zur festen Größe und das Geschäft beschränkte sich weitgehend auf Satelliten. Eine Reihe ehrgeiziger Projekte wie neue Raumgleiter fielen dem Rotstift zum Opfer – zu teuer, zu unrentabel. Heute wird die Sinnfrage angesichts hoher Kosten nicht zuletzt von Unternehmern beantwortet, die mit ihren Visionen bereits äußerst erfolgreich waren.
Erfolgreiche Visionäre wittern das Geschäft im All
So ist Elon Musk, der Gründer des Bezahldienstes PayPal und von Tesla Motors, Hauptgesellschafter bei SpaceX. Das US-Raumfahrtunternehmen will mit neuen Technologien unter anderem den Mars erobern. Nach anfänglichen Rückschlägen mauserte es sich mit den Raketen der Reihe Falcon und dem Raumschiff Dragon zum Versorger der ISS.
Und Google-Chef Larry Page gehört zu den Hauptinvestoren des jungen Unternehmens Planetary Resources, das Rohstoffe bzw. Edelmetalle auf Asteroiden abbauen will. Die erfolgversprechende Idee wurde ein Jahr später von Deep Space Industries aufgegriffen. 2013 stellte es ein Konzept mit Fabriken im Orbit vor, das auch die Energieversorgung der Erde mit Solarspiegeln oder Treibstofflager im All für Raumfahrzeuge umfasst.
Die private Raumfahrt als Zukunftsbranche beschränkt sich also nicht nur auf die Beförderung von vermögenden Weltraumtouristen oder Wissenschaftlern, mit der sich der Milliardär und Abenteurer Richard Branson beschäftigt. Seine Firma Virgin Galactic entwickelt spezielle Fluggeräte für den erdnahen Bereich.
Wettbewerb senkt Kosten
Gefragt sind neue Raumfahrzeuge, Antriebstechniken und Technologien für die Schwerelosigkeit, die eine Eroberung und wirtschaftliche Nutzung des Alls ermöglichen, und zwar günstiger als bisher. Dass der zunehmende Wettbewerb die Unternehmungen effizienter macht, zeigt sich schon jetzt. Selbst Airbus-Chef Tom Enders sieht in den Innovationen der Privaten einen Weckruf für die bislang abgeschottete etablierte Raumfahrtindustrie.
Nicht nur mit neuen Mehrwegraketen mischt SpaceX die Branche auf. Schon die Falcon9 verursacht bei Transportflügen nur die Hälfte der Kosten, die bei einer Ariane5 mit 7,1 Mio. € pro Tonne Nutzlast anfallen. Mit der geplanten Falcon Heavy soll es um eine weitere Hälfte billiger werden – und schon zieht Arianespace mit eigenen Innovationen nach.
Dabei sind es manchmal sogar verblüffend einfache Dinge, die aufgrund verkrusteter Strukturen und übervorsichtigen Detailvorgaben durch die ESA oder NASA unnötig teuer werden. Mit den Worten von Elon Musk: „Ein Problem der Raumfahrt ist, dass jede simple Schraube zum Hightech-Produkt stilisiert wird.“ Deshalb ließ er in einem Fall statt für über 100.000 US-$ einen Aktuator für 4.000 US-$ einbauen, der lediglich die Funktion eines Gararagentoröffners zu erfüllen hatte. Der Erfolg gab ihm Recht, seitdem sind etliche Vorschriften entfallen.
Auch Google und Facebook am Start
Die Deregulierung schreitet weiter und beflügelt auch etablierte Raumfahrtunternehmen wie Arianespace, das ebenfalls privat organisiert ist, sowie den Ariane-Hersteller Airbus Defence and Space, das zum MDax-Konzern Airbus gehört, bis hin zu deutschen Spezialisten wie OHB in Bremen.
Übrigens, Google Chef Larry Page wittert nicht nur Gewinne durch den Rohstoffabbau im All. Google selbst investiert über SpaceX in ein Satellitennetz für einen globalen Internettzugang. An ähnlichen Projekten arbeitet auch Facebook. Die Zukunftsfähigkeit der privaten Raumfahrt als wachsende Branche steht somit kaum infrage – für Anleger eine gute Nachricht.