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Quartalszahlen: Oft mehr Schaden als Nutzen

Inhaltsverzeichnis

Wir befinden uns derzeit mitten in der Berichtssaison zum 2. Quartal des laufenden Jahres. In dieser Woche legen gleich mehrere US-amerikanische Schwergewichte wie Microsoft, Alphabet, Meta, McDonalds oder Coca-Cola aktuelle Zahlen vor.

Da die Marktteilnehmer in diesem Jahr ohnehin recht nervös sind, gibt es teils heftige Kursausschläge, wenn die Umsatz- und Gewinnprognosen verfehlt oder überboten werden. Insbesondere bei kleineren Unternehmen können Abweichungen schnell zweistellige Kursreaktionen auslösen.

Dabei ist zu beobachten, dass negative Abweichungen in der Regel stärker bestraft werden als positive Abweichungen belohnt werden. Diese unberechenbaren Kurssprünge bringen aus meiner Sicht völlig unnötige Schwankungen in den Markt. Daher bin ich kein Anhänger der Quartalszahlen.

Meine Kritik an Drei-Monats-Zahlen

Mini-Zeiträume von nur drei Monaten sind schlicht und einfach zu kurz, um eine fundierte Aussagekraft zu haben. Bei kleineren Unternehmen kann schon eine einzelne Auftragsverschiebung reichen, um Umsatz und Gewinn auf Quartalsebene zu beeinflussen.

Oder denken Sie daran, dass Feiertage für Unternehmen „ungünstig“ liegen können. Wenn in einem Quartal aufgrund von Feiertagen plötzlich zwei Arbeits- und Verkaufstage fehlen, beeinflusst das die Zahlen. Zahlen für das gesamte Geschäftsjahr sind elementar wichtig, Halbjahreszahlen sind in kurzer Form ein hilfreicher Zwischen-Check, aber Drei-Monats-Zahlen braucht kein Mensch. Die Aussagekraft ist viel zu gering.

Mein zweiter Kritikpunkt: Der Aufwand ist für die Unternehmen viel zu groß. Jeder Quartalsbericht bindet Management-Kapazitäten und blockiert Verwaltungseinheiten in den Unternehmen. In der Buchhaltung kann man sich oft nur noch von Quartal zu Quartal hangeln. Es fehlt dann die Zeit für das eigentliche operative Geschäft.

Der wichtigste Kritikpunkt

Überdies werden die Unternehmen faktisch gezwungen, eine falsche Perspektive zu wählen. Da die Aktienmärkte (leider) so stark auf die Quartalszahlen achten, steht in vielen Unternehmen das Erreichen der Drei-Monats-Ziele im Vordergrund. Maßnahmen, die diese Ziele gefährden, werden verdrängt.

Ein Zeithorizont von nur drei Monaten kann aber nicht für eine nachhaltige Unternehmens­entwicklung entscheidend sein. Das Management muss die nächsten Jahre – bei großen Investitionen Jahrzehnte – im Blick haben, nicht die kommenden zwölf Wochen.

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint!

Auch an der Börse gilt: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint! Die Quartalsberichte der Unternehmen sollten ein schöner Extra-Service für die Aktionäre sein, verändern aber im hektischen Internet-Zeitalter, wo Börsenentscheidungen zum Teil in weniger als eine Sekunde getroffen werden, zu stark den Blickwinkel.

Die Kritik an der „Quartals-Denke” wird auch in den Unternehmen lauter. Bereits vor längerer Zeit haben sich Warren Buffett, der legendäre Chef der Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway und Jamie Dimon, Chef der einflussreichen US-Bank JP Morgan, an die Spitze der Bewegung gesetzt.

Eine konkrete Maßnahme: Buffett und Dimon legen zwar nach wie vor Quartalszahlen vor, verzichten jedoch darauf, Quartalsprognosen abzugeben. Das ist zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung. Buffett begründet auch seine kritische Haltung: „Wenn es Managern nur noch darum geht, die gesetzten Zahlen zu erreichen, handeln sie oft nicht im langfristigen Interesse des Unternehmens.”

Wir als Privatanleger können den Wahn der Quartalszahlen nicht stoppen, aber wir können die Zahlen mit mehr Gelassenheit betrachten. Schon das sorgt für etwas mehr Ruhe und mehr Nachhaltigkeit bei der Geldanlage.