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So funktionieren Islam-Bankgeschäfte in Deutschland

Inhaltsverzeichnis

Wer mit seinem ethischen Anspruch Zinsen als ungerechte Bereicherung empfindet, indirekte Anlagen mit Derivaten als gefährliche Spekulation ansieht und Beteiligungen an Firmen ablehnt, die mit Waffen, Alkohol, Tabak oder Schweinefleisch Geld verdienen, der kann sich an die erste islamische Bank in Deutschland wenden.

Erste islamische Bank in Deutschland

Die jüngst von der Bundesaufsicht BaFin zugelassene KT-Bank in Frankfurt folgt genau diesen 3 Vorgaben, die für das Bankwesen aus dem Koran entwickelt wurden.

Das Kreditinstitut ist ein Tochterunternehmen der türkisch-kuwaitischen Kuveyt Türk Bank und will nun auch in der Eurozone Kunden für Bankgeschäfte nach islamischem Muster gewinnen. Angesprochen werden nicht nur die rund 4,5 Mio. deutschen Muslime, sondern alle, die Alternativen zum klassischen Finanz- und Zinssystem suchen.

Realwirtschaft und Gewinnteilung statt Spekulation und Zinsen

Profite werden zwar zugelassen, doch das System ist anders aufgebaut. Zentrales Prinzip: Jedes Geschäft braucht einen realen Gegenwert. Und jedes Risiko wird geteilt. Zinsen sind Tabu.

Wenn jemand beispielsweise eine Immobile finanzieren will, dann gibt es dafür keinen Hypothekenkredit. Stattdessen kauft die Bank das Haus und verkauft es an den Kunden. Und zwar mit einem Aufschlag, den er in Raten zahlt. Diese Form der Finanzierung ist unabhängig von jeglichen Zinsänderungen. Die Raten entsprechen in etwa einem Festzins. Unterm Strich aber ist dies nicht zwangsläufig günstiger.

Das Finanzierungsmodell wird auch auf andere Anschaffungen angewendet, gleich ob Konsumgüter wie Fahrzeuge oder Maschinen für Gewerbetreibende. Bei Immobilien allerdings kommt ein Detail hinzu: Der Kunde geht mit der Bank zunächst eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) ein, die das Haus erwirbt.

Dann kauft er der Bank GbR-Anteile ab. Mit dieser Konstruktion wird eine doppelte Übertragung der Immobilie vermieden, bei der Grunderwerbssteuern gleich zwei Mal fällig wären. Bei Unternehmen, die Fremdkapital mit unbestimmter Verwendung brauchen, beteiligt sich die Bank als stiller Partner.

Wertschöpfung nach Gewinnverteilungsprinzip

In allen Fällen wird zugleich das Risiko zwischen Bank und Kunde geteilt. Das ändert aber nichts daran, dass auch eine islamische Bank in Deutschland den Anforderungen der gesetzlichen Einlagensicherung bis 100.000 € unterliegt. Aus fundamentaler Sicht eigentlich ein Widerspruch.

Die Bank finanziert sich nicht, wie sonst üblich, über die Differenz zwischen geringen Spar- und hohen Kreditzinsen. Mit dem durch Kundenkonten eingelegten Kapital generiert sie nach dem beschriebenen Verfahren über Aufschläge Gewinne, an denen sie die Sparer und Anleger beteiligt. Das ganze nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel.

Die Höhe richtet sich gestaffelt nach Einlagevolumen und Laufzeit. Bei einer Festgeldanlage etwa über 100.000 € und 24 Monate bekommt der Anleger 75% vom Gewinn, die Bank den Rest. Wiederum also: Gewinnanteile statt Zinsen. Der Nachteil: Die Rendite ist schlecht vorhersehbar und eine Diskontierung zum Vergleich von Anlagen schwierig.

Zinssystem auf Korankonformität umgestrickt

Bei Aktien und Fonds werden die Börsenunternehmen auf islamkonforme Geschäfte überprüft. Auf der Verbotsliste stehen Suchtmittel wie Alkohol oder Tabak, sowie Pornografie oder Rüstungsgüter aber auch Glücksspiele und Schweinefleisch.

Anleihen wiederum gibt es nur in der speziellen Mischform mit Aktien: Man beteiligt sich an Zweckgesellschaften, die Güter wie etwa Immobilien von Staaten oder Firmen kaufen und an diese vermieten. Der anteilige Gewinn ist die Rendite. Derartige „Sukuks“ bringen in der Tat mehr als konventionelle Anleihen, sind aber eigentlich Unternehmensbeteiligungen.

Vor- und Nachteile der islamischen Bank

Einer der Vorteile dieser Art von Bankgeschäften ist, dass es keine Totalausfälle gibt. Nachteilig ist vor allem die schlechte Planbarkeit von Renditen. Letztlich wird eben alles auf Tauschgeschäfte mit Gewinnverteilung umgetrimmt.

Die Koran-konformen Richtlinien werden von einem Ethikrat mit Islamwissenschaftlern bestimmt und überwacht. Vereinzelt gibt es Kritik, dass es sich lediglich um Umgehungsgeschäfte mit umdefinierten Zinsen handelt.

Immobilienkäufer bzw. Kreditnehmer haben zumindest einen weiteren Vorteil: Mit der Zahlung fest definierter Raten für Gesellschaftsanteile gibt es keine ungeplante Mehrbelastung durch Zinsanhebungen. Zugleich entfallen die üblichen Sicherheitshinterlegungen und damit das Risiko unangemessener Zwangsversteigerungskonditionen durch die Bank.

Ethischer Ansatz nicht neu

Das Prinzip des Islamic Banking wird seit Längerem in Großbritannien praktiziert. Aufgrund des eingeschränkten Geschäftsmodells allerdings ist es eher ein Nischenphänomen. Es spricht vor allem auch diejenigen an, die eine moralische Alternative zur regulären Finanzwirtschaft mit all ihren Begleiterscheinungen suchen.

Dafür jedoch gibt es bereits kirchliche und ethische Banken, die auch mit Fonds auf bestimmte Aspekte wie Fairness oder Umwelt setzen.