Kaum Zinsen: Ein Problem auch für die großen Versicherungs-Konzerne?
Die herrschende Niedrigzinsphase wird von vielen Anlegern als Belastung empfunden. Die jährlichen Renditen von Sparguthaben und festverzinslichen Wertpapieren sind schon lange nicht mehr ausreichend, die Inflation auszugleichen. Da ist es wenig verwunderlich, wenn sich Investoren nach anderen Anlagemöglichkeiten umschauen.
Aber nicht nur private Anleger sind von der unbefriedigenden Situation an den Finanzmärkten betroffen. Auch Rückversicherer und Versicherungen geraten durch die Niedrigzinsphase in Schwierigkeiten. Ihr Geschäft mit den Lebensversicherungen gerät in Gefahr, aus dem Ruder zu laufen. Sie können die hohen Renditeversprechen, die sie vor Jahren an die Kunden gemacht haben, kaum einhalten.
Niedrigzins – diese Auswirkungen sind für Versicherungen spürbar
Für die Lebensversicherungen und ihre Kunden werden die niedrigen Zinsen mehr und mehr zum Problem. Die Kunden sind wenig erfreut darüber, weil die Lebensversicherungen wesentlich weniger Rendite abwerfen als früher. Wer in den 1990er Jahren einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hatte, ist es gewohnt, seither wenigstens 4% Zinsen gutgeschrieben zu bekommen.
Wer heute eine Police abschließt, für den liegt der so genannte Garantiezins bedeutend niedriger. Lebensversicherungen wie die Allianz garantieren aktuell nur noch 1,75%. Zwar lag die tatsächliche Verzinsung bislang immer über dem Garantiezins, allerdings ist auch diese rückläufig. Auch die Rückversicherer wie die Munich Re sind von der unangenehmen Situation betroffen.
Dadurch geraten auch die Versicherungskonzerne selbst unter Druck. Sie legen das Geld der Kunden in Anleihen, Pfandbriefen und Aktien an. Damit erwirtschaften sie jedoch in der aktuellen Niedrigzinsphase erheblich weniger als in früheren Jahren. Und wenn die Zinsen auf lange Sicht nicht steigen sollten, könnte es für manch einen Versicherungskonzern eng werden. In Japan, das seit 2 Jahrzehnten mit einer Niedrigzinsphase leben muss, sind bereits einige Versicherungsgesellschaften Pleite gegangen.
Während die Bruttobeitragseinnahmen der Lebensversicherungen laut statista.com zwischen 2000 und 2010 um rund 50% kletterten, verharren die Zahlen seither annähernd auf dem gleichen Stand. Entgegen den Erwartungen sinkt die Quote stornierter Verträge kontinuierlich und liegt derzeit etwa bei 2,8% pro Jahr.
Was geschieht, wenn die Zinsen wieder steigen?
Während die Niedrigzinsphase die Diskussion um die Lebensversicherungen in den zurückliegenden Jahren dominiert hat, könnten neue Probleme auftauchen. Denn wenn sich der Zinstrend urplötzlich dreht, laufen die Lebensversicherungen Gefahr, auf Dauer in niedrig verzinsten Kapitalanlagen investiert zu sein. Und dadurch wären sie gegenüber anderen Finanzprodukten erneut im Nachteil.
Schließlich würden sie sich dann dem Risiko aussetzen, dass viele Kunden ihre Lebensversicherungspolicen kündigen könnten. Denn auf einen Schlag würden sich alternative Anlagemöglichkeiten vom Tagesgeldkonto bis zum Bundesschatzbrief wieder verbessern.
Sollte es zu einer flächendeckenden Kündigung von Lebensversicherungspolicen kommen, würde sich die Lage der Versicherer weiter zuspitzen. Denn nachdem diese infolge der Niedrigzinsphase nur noch über geringe Kapitalpuffer verfügen, hätten sie einer solchen Bewegung nicht sehr viel entgegenzusetzen.
Allerdings haben die deutschen Lebensversicherer Grund zur Hoffnung. Hierzulande ist es nämlich eher unüblich, dass Lebensversicherungsnehmer aufgrund von Trendwenden an den Finanzmärkten ihre Policen kündigen.
Lebensversicherer sind durch die herrschende Niedrigzinsphase in Schwierigkeiten geraten. Allerdings könnten im Falle einer Zinswende neue Probleme für die Gesellschaften auftauchen, die zu Kündigungswellen bei bestehenden Verträgen führen könnten.