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VW-Chef Diess hält nichts von E-Fuels

VW-Chef Diess hält nichts von E-Fuels
AR Pictures / shutterstock.com
Inhaltsverzeichnis

Die FDP will sie, BMW will sie – Volkswagen will sie nicht: Die Rede ist von E-Fuels, also synthetisch hergestellten Kraftstoffen zur umweltfreundlichen Verwendung in Verbrennungsmotoren.

EU beschließt Verbrennerverbot ab 2035

VW-Konzernchef Herbert Diess begründete seine ablehnende Haltung kürzlich in einem Interview mit einer schlechten Effizienz derartiger Kraftstoffe. Ihre Produktion benötigte viel Energie. Mit einem reinen Stromer werde es sich zum Ende des Jahrzehnts damit deutlich günstiger fahren lassen als mit einem Verbrenner, der E-Fuel tankt.

Hintergrund der Debatte ist das Verbrenner-Aus, das die europäischen Institutionen kürzlich auf den Weg gebracht haben. Ab 2035 soll demnach innerhalb der Staatengemeinschaft kein Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden dürfen. Vor allem Deutschland mit seiner starken Automobilindustrie hatte sich zunächst lange gegen eine solche Einschränkung gewehrt. Letztlich aber begrüßten auch hiesige Branchenverbände die europaweite Einigung, die nun immerhin eine verbindliche Planungssicherheit gewährleiste. Heißt konkret: Alle wissen, was sie tun müssen – und bis wann.

VW setzt voll auf Elektroantrieb

Im Gegensatz zu anderen Herstellern hatte BMW bis zuletzt darauf gepocht, neben Elektrofahrzeugen auch weitere Antriebsarten nicht schon jetzt abzuschreiben. Auch die FDP befürwortet E-Fuels und macht sich in Berlin und Brüssel für eine entsprechende Anpassung der Regelungen stark.

In Wolfsburg hingegen setzt man ganz auf die Mobilitätswende hin zum Stromer. Bis 2025 will man Tesla in diesem Segment als Weltmarktführer ablösen. Diesbezüglich verweist VW-Chef Diess auf die umfassenden Produktionskapazitäten, über die das Volkswagen-Konglomerat mit seinen zahlreichen Tochtermarken verfügt.

Umstrittener Standort in Xinjiang soll weiterbetrieben werden

Den umstrittenen Standort im chinesischen Xinjiang, wo laut Menschenrechtsorganisationen die muslimische Minderheit der Uiguren systematisch unterdrückt wird, will Diess jedoch nicht schließen. Stattdessen plant er offenbar einen Besuch des Werks und betonte zuletzt mehrfach, dass er die Präsenz westlicher Firmen in der Provinz für förderlich halte, um die Lage der Menschen vor Ort zu verbessern. Für diese Haltung war Diess in den vergangenen Wochen immer wieder scharf kritisiert worden.

Mit Blick auf die Ladeinfrastruktur – bislang ein Hemmschuh beim Umstieg auf E-Fahrzeuge für viele Kunden – verweist Diess auf milliardenschwere Investitionen der öffentlichen Hand, aber auch der Mineralölkonzerne hinter den Tankstellennetzen. Diese hätten ein Interesse daran, ihr Netz weiterzubetreiben.

Betriebsratschefin rechnet nicht mit Stellenabbau wegen E-Umstellung

Den in der Vergangenheit vielfach beschworenen umfassenden Jobverlust wegen der Umstellung der Produktion auf Elektrofahrzeuge sieht VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hingegen nicht als Problem. Sie sieht keine größeren Risiken mit Blick auf die Gesamtzahl der Beschäftigten. Zwar würden sich voraussichtlich die benötigten Kompetenzen verlagern, weg von den bislang benötigten Bereichen hin etwa zur Batteriezellfertigung. Doch insgesamt sieht Cavallo gute Chancen für die Belegschaft von VW.

Die im Dax gelistete VW Vorzugsaktie hat am vergangenen Freitag kräftig zugelegt und ging gut 5 Prozent fester aus dem Handel – und das nach einem denkbar schlechten Start in die Woche. Denn in Q2 kam der US-Automarkt ins Straucheln und machte dabei auch vor deutschen Herstellern nicht Halt. Volkswagen verkaufte demnach mit knapp 78.300 Fahrzeugen rund ein Drittel weniger Neuwagen in den Vereinigten Staaten als im Vorjahreszeitraum. Auch mit Blick auf das gesamte erste Halbjahr 2022 fiel die Bilanz vergleichbar aus: Hier verzeichnet Volkswagen einen Rückgang um rund 32 Prozent auf knapp 143.300 Autos.

Analysten sehen Kurspotenzial für VW Aktie

Analysten gehen davon aus, dass der Konzern insgesamt dennoch starke Zahlen für den Zeitraum von April bis Ende Juni vorlegen wird. So rät die Schweizer Großbank UBS weiterhin zum Kauf der VW Vorzugsaktien, wenn auch mit einem von 280 auf 230 Euro reduzierten Kursziel. Die US-Bank JP Morgan sowie die Deutsche Bank bekräftigten jeweils sowohl ihre Kaufempfehlungen wie auch ihre Kursziele, die weiterhin mit 235 beziehungsweise 230 Euro beziffert werden.

Weniger optimistisch zeigt sich demgegenüber das Analysehaus Bernstein Research, das Anfang des Monats sowohl seine neutrale Einstufung als auch das Kursziel von 160 Euro für die VW Vorzugsaktie bestätigte. Die Begründung verwundert auf den ersten Blick: Zum ersten Mal seit 11 Monaten haben sich die Wartezeiten für die Auslieferung von Neufahrzeugen nicht verlängert.

Kürzere Lieferzeiten – gutes oder schlechtes Omen?

Aus Kundensicht ist das erst einmal eine gute Nachricht. Doch Anleger befürchten, dass sich darin nicht nur eine allmähliche Entspannung der globalen Material- und Lieferkettenproblematik widerspiegelt, sondern vielmehr die Nachfrage auf Kundenseite zurückgeht. Angesichts der hohen Inflation und des damit verbundenen Kaufkraftverlusts wäre das kaum verwunderlich.

In der Folge dürften es die Autobauer schwieriger haben, die derzeit margenträchtigen hohen Preise weiterhin durchzusetzen. Eine Rückkehr zu früher üblichen hohen Rabatten wäre die logische Konsequenz, was wiederum die Gewinne schmälern könnte.

Frische Zahlen zum abgelaufenen Quartal werden für den 28. Juli erwartet. Analysten gehen von einem Gewinn je Aktie in Höhe von 6,84 Euro aus.