VW Aktie: Starke Bilanz der Premiummarken

Erste Zahlen hatte Volkswagen schon einige Tage vorab offengelegt, in der vergangenen Woche folgte dann die Jahresbilanz im Detail.
Dabei fällt auf: Besonders erfolgreich lief es für den VW Konzern im Sport- und Luxuswagensegment. Während die Marken, die vor allem den günstigeren Massenmarkt bedienen, unter der Chipkrise zu leiden hatten und ihre Produktions- und Absatzzahlen zurückgingen, konnte Porsche sogar mehr Fahrzeuge produzieren als zuvor.
Porsche mit neuem Absatzrekord
Mit 302.000 ausgelieferten Sportwagen der Marke Porsche im vergangenen Jahr fuhr die Marke einen neuen Rekord ein, es wurden insgesamt 32.000 Stück mehr verkauft als im Jahr zuvor. Besonders gefragt war das Elektromodell Taycan, der sich allein 41.300 Mal verkaufte – und damit seinen Vorjahresabsatz verdoppeln konnte.
Doch ausgerechnet beim Taycan musste Porsche nun die Produktion vorerst unterbrechen. Es fehlen Komponenten, die in der Ukraine gefertigt werden. Dort aber ist an normale Industrieproduktion seit Beginn des Krieges kaum zu denken. Zahlreiche Lieferketten sind unterbrochen, was gerade die deutschen Autobauer mit ihrer just-in-time-Produktion und eng getakteten Zulieferungen vor neue Herausforderungen stellt.
Fragile just-in-time-Produktion
Wie sehr das System an seine Grenzen gerät, hatte sich bereits in den vergangenen beiden Jahren gezeigt: Erst die Pandemie, dann globale Lieferengpässe haben immer wieder Sand ins Getriebe gestreut, Volkswagen und andere Autohersteller mussten immer wieder die Bänder anhalten und Beschäftigte in Kurzarbeit schicken, weil schlichtweg Komponenten fehlten.
Die Auswirkungen der letzten beiden Jahre sind noch nicht ausgestanden, nun kommt das Kriegsgeschehen auf europäischem Boden hinzu und dürfte für weitere Belastungen sorgen. Dieser Ausblick auf ein herausforderndes Marktumfeld ist es auch, der Anleger derzeit äußerst vorsichtig agieren lässt.
Russen sind begeisterte Porsche-Fahrer – können jetzt aber keine mehr kaufen
Westliche Wirtschaftssanktionen gegen Moskau haben unter anderem zur Folge, dass europäische Firmen weder vor Ort produzieren noch ihre Waren nach Russland liefern. Das dürfte wiederum Porsche zu spüren bekommen: Gerade schwerreiche Russen gehören zu den verlässlichsten Abnehmern der ebenso schnittigen wie teuren Sportwagen. Rund 6.300 Porsche wurden allein 2021 an russische Kunden ausgeliefert, prozentual ist der Absatzmarkt für die Luxusmarken wichtiger als für westliche Volumenmodelle.
Der Umsatz von Porsche stieg 2021 um 15 Prozent auf 33 Milliarden Euro, das operative Ergebnis legte um 27 Prozent zu auf 5,3 Milliarden Euro. Unterm Strich steigerte der Sportwagenhersteller seinen Gewinn von 3,2 Milliarden Euro im Vorjahr auf nun 4 Milliarden Euro.
Renditeziel wegen Ukraine-Krieg dieses Jahr fraglich
Die operative Umsatzrendite lag im vergangenen Jahr bei 16 Prozent. Grundsätzlich sieht die Konzernstrategie eine langfristige operative Umsatzrendite von mindestens 15 Prozent vor. An diesem Ziel will Porsche grundsätzlich auch festhalten. Ob es allerdings in 2022 gelingen wird, diese Messlatte erneut zu erreichen, bleibt angesichts der aktuellen geopolitischen Herausforderungen fraglich.
Vieles wird wohl davon abhängen, ob und wann sich die Lage beruhigt und die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zurückkehren. Dennoch gibt man sich zuversichtlich bei Porsche und kündigte an, die Kostenstruktur im Blick zu haben, um das Ergebnis trotz aller Widrigkeiten abstützen zu können.
Geschäft brummt auch bei Audi und VW
Auch bei Audi lief es gut im vergangenen Jahr. Der Premiumhersteller aus Ingolstadt verdoppelte 2021 seinen Gewinn auf 5,55 Milliarden Euro. Beim Umsatz stand ein Plus von 6 Prozent auf gut 53 Milliarden Euro. Damit belief sich die operative Rendite auf 10,5 Prozent.
Bei seinen volumenstarken Marken fokussierte sich Volkswagen angesichts der Chipkrise auf die Fertigstellung besonders margenträchtiger Modelle und konnte dadurch trotz rückläufiger Verkaufszahlen gute Ergebnisse erzielen. Der operative Gewinn der Kernmarke VW belief sich auf 2,5 Milliarden Euro – fünfmal soviel wie im Vorjahr 2020, das ganz im Zeichen der Corona-Pandemie stand und massiv auf die Bilanz gedrückt hatte. Der Umsatz kletterte um 5 Milliarden auf nun 76,1 Milliarden Euro – bei gleichzeitig rückläufigem Absatz von 2,8 auf nur noch 2,7 Millionen Fahrzeuge.
Analysten mit Kaufempfehlungen und Kurszielkürzungen
Für den Gesamtkonzern wiesen die Wolfsburger einen Gewinnanstieg um etwa 75 Prozent auf 15,4 Milliarden Euro aus. Der Umsatz kletterte um gut 12 Prozent auf etwas mehr als 250 Milliarden Euro. Weltweit wurden 8,9 Millionen Fahrzeuge aus dem Konglomerat verkauft – ein Rückgang um 4,5 Prozent gegenüber dem pandemiebelasteten Vorjahr.
Anleger und Analysten reagierten insgesamt mit gemischten Gefühlen auf die Volkswagen-Bilanz. Das Gros der Analysten rät nach wie vor zum Kauf der im Dax gelisteten VW Vorzugsaktie, zum Teil wurden in den jüngsten Studien aber die Kursziele gesenkt, so etwa bei der Credit Suisse, die nach 225 nun nur noch von 205 Euro ausgeht, oder auch bei der US-Großbank Goldman Sachs, die das Kursziel für die VW Aktie von 238 auf 224 Euro reduzierte. Mit 310 Euro das derzeit höchste Kursziel weist die kanadische RBC aus, die zudem ebenfalls ihre Kaufempfehlung bekräftigte.
Zuletzt war die VW Vorzugsaktie für rund 155 Euro zu haben. Seit Jahresbeginn verbucht der Kurs damit einen Verlust von rund 15 Prozent.