CDU-Vorsitzender Laschet: Automatisch Kanzlerkandidat?
Der CDU-Parteitag am Wochenende hat entschieden: Armin Laschet hat gewonnen. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen ist neuer Vorsitzender der Bundes-CDU.
Der parteiinterne Wahlkampf liegt damit hinter ihm, doch die eigentlichen Herausforderungen beginnen gerade erst. Da ist zunächst einmal die Frage nach der Kanzlerkandidatur. Als Parteivorsitzender gilt Laschet als „natürlicher“ Kandidat, auch hat er nach seinem Wahlsieg am Wochenende bereits entsprechende Ambitionen erkennen lassen.
Söder könnte – aber will er auch?
Über Markus Söder wird seit längerem gemunkelt, er bringe sich für eine eigene Kanzlerkandidatur in Stellung. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende selbst kokettiert damit immer wieder, hat bislang aber keine klare Positionierung erkennen lassen. Stattdessen wird er nicht müde zu betonen, sein Platz sei in Bayern.
Tatsächlich mehren sich die Stimmen unter den Beobachtern, die ihm diese Beteuerungen abkaufen: Es schmeichelt Söder, die Kanzlerschaft von außen angetragen zu bekommen, und selbstverständlich traut sich ein bayerischer Ministerpräsident grundsätzlich erst einmal alles zu. Das gehört zum Job.
Was gegen Söders Kandidatur spricht
Ebenfalls zum Job eines CSU-Vorsitzenden gehört allerdings, sich für die bayerischen Partikularinteressen starkzumachen und immer wieder Projekte in Koalitionsverträge hineinzuverhandeln, die anderswo in der Republik nur ungläubiges Kopfschütteln auslösen. Herdprämie, Mütterrente, Ausländermaut – mit all diesen Vorhaben hat die CSU immer wieder wahlkampfträchtige Schlagzeilen gemacht, die eigene Klientel bedient und den Koalitionspartnern in Berlin schließlich entsprechende Versprechen abverlangt.
Wäre man plötzlich Kanzler, es würde wohl deutlich schwerer werden, die bayerischen Extrawürste durchzusetzen. Stattdessen müsste ein Kanzler über Landes- und Parteigrenzen hinwegdenken, wesentlich mehr Kompromisse schließen und für Verständigung werben. Söder traut sich das fraglos zu, offen ist allerdings, ob ihm seine bisherige Rolle als knallharter Löwe in Bayern nicht einfach besser gefällt.
Kann Laschet international überzeugen?
Laschet hingegen will Kanzler werden, daran lässt er keinen Zweifel. Die CDU traut es ihm zu, immerhin hat er die Wahl in NRW gewonnen, das Bundesland mit der größten Bevölkerungszahl und Wahlmacht. Aber kann ein mehr oder minder erfolgreicher Landesvater automatisch auch auf internationaler Bühne glänzen? Wird es Laschet gelingen, den Habitus von Alphamännchen wie Putin oder Erdogan so souverän an sich abperlen zu lassen, wie es Angela Merkel vorgemacht hat?
Kritiker haben hier ihre Zweifel. Sollten sich diese Zweifel auch parteiintern mehren, ist keineswegs sicher, dass Laschet am Ende tatsächlich Kanzlerkandidat wird. Sollte Söder ebenfalls ausweichen, wer bliebe als Alternative? Norbert Röttgen, der beim Parteitag unterlegene Drittkandidat, dürfte kaum eine Rolle spielen – wer schon unionsintern keine Mehrheiten gewinnt, dem wird wohl kaum Größeres im Namen der Partei zugetraut.
Parteichef Laschet, Kanzler Spahn?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wäre ein weiterer denkbarer Kandidat. Während der Coronakrise hat er sich profilieren können, seine Beliebtheitswerte sind rasant gestiegen, Name und Gesicht sind einer breiten Öffentlichkeit bekannter als zuvor – und er war als Tandempartner gemeinsam mit Laschet zur Vorsitzendenwahl aufgetreten. Kanzler Spahn, Parteichef Laschet – bilden sie das Duo der Zukunft?
Denkbar wäre auch eine weitere Variante. Nach seiner Wahlniederlage hat sich Friedrich Merz am Samstag sogleich als Bundeswirtschaftsminister ins Gespräch gebracht – und zwar noch im derzeit amtierenden Kabinett Merkel. Dass die Kanzlerin ihn abblitzen ließ, war zu erwarten, und auch unionsintern hat Merz mit seinem Vorstoß für Irritation gesorgt.
Welche Rolle spielt Friedrich Merz?
Dennoch wird Laschet nicht umhinkommen, Merz und seiner Anhängerschaft ein Angebot zu unterbreiten. Als Parteichef obliegt es nun Laschet, die Reihen hinter sich zu schließen – eine Aufgabe, an der schon seine Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer scheiterte, nicht zuletzt wegen des Unmuts der Anhänger von Friedrich Merz, die eine stärkere Rückbesinnung auf klassisch konservative Werte fordern. Nicht mehr der SPD, sondern der AfD will man Wähler abwerben beziehungsweise diese zurückgewinnen für das eigene Lager.
Möglich wäre demnach, Merz eine verantwortungsvolle Position im künftigen Kabinett anzubieten – oder womöglich gar die Kanzlerkandidatur zu überlassen. Sollten Laschet in den kommenden Wochen erhebliche Fehler unterlaufen, sein Konkurrent dürfte bereitstehen, die Lücke auszufüllen. Die Rolle des Parteivorsitzenden dürfte zwar vor der Bundestagswahl nicht erneut zur Disposition gestellt werden, über die Kanzlerkandidatur aber ist bei der Union noch nichts entschieden.