Insiderwissen zu Spritpreis und Börsen in Feierlaune!
Na also. Dann ist die Krise wohl bald überstanden. Die Börsenkurse nehmen die Zukunft vorweg und demnach wird alles gut. Zumindest nicht schlimmer. Der DAX steht bei 14.300 Punkten und steigt über 3 Prozent. Aktien wie Paypal, NVIDIA und Facebook legen heute rund 5 Prozent zu.
Auch die letztens gezeigten Moderna und BioNTech feiern wieder zweistelle Anstiege. Sie können heute bei den deutschen Aktien fast nur Volltreffer landen. HelloFresh ist 11 Prozent vorne, Zalando 7 Prozent, Delivery Hero 6 Prozent und Nagarro spring um 9 Prozent nach oben.
Das klingt im Schnitt von den genannten Aktien zwar wieder nach Lockdown, aber ganz so dramatisch ist es wohl doch nicht. Auch wenn die Bundesregierung heute verkündet hat, dass Sie bis 2029 mit 5 Impfstoffherstellern Verträge unterzeichnet hat. Heute wurden gerade die Unternehmen gekauft, die in den letzten Tagen und Wochen besonders intensiv verkauft wurden. Das erklärt vielleicht die starken Anstiege.
Warum ist der Spritpreis so teuer?
Während sich die Kurse für Rohöl unter der 100 US-Dollar-Marke festhalten, kassieren die Tankstellen weiterhin extreme Preise. Vorhin habe ich noch die Theorie gelesen, dass dahinter einfach illegale Preisabsprachen der Konzerne stecken sollen. Die Ukraine-Krise wird dafür genutzt und die Masse schluckt das als Ausrede. Vor 8 Jahren war der Rohölpreis genauso hoch, allerdings kostete der Liter an der Tankstelle etwa 70 Cent weniger. Es soll keine Gründe dafür geben, warum der Preis jetzt derart gestiegen ist.
Dabei müssen wir aber eines bedenken: Der Preis für Rohöl an der Börse hat keinen direkten Einfluss auf die Preise an der Tankstelle. Die Lieferverträge von Raffinerien haben langfristige Fixpreise. Da interessiert es keinen, ob die Kurse an der Börse einmal auf 0 fallen oder auf 140 US-Dollar steigen. An der Börse werden nur kurzfristige Kontrakte gehandelt – im 3-Monats-Turnus. Wer spontan Öl braucht, kann hier einkaufen und muss sich dann mit dem Spekulanten einig werden.
Glauben Sie wirklich, dass die Tankstellen-Ketten keine langfristigen Verträge nutzen? Der hohe Preis jetzt kann als Absicherung auf Verkäuferseite interpretiert werden. Für den Fall, dass die Kurse das ganze Jahr so weit oben bleiben. Wenn dann ein langfristiger Vertrag neu verhandelt wird, ist der grundsätzliche Preis natürlich schon entscheidend. Aber nicht jetzt sofort. Als Rohöl auf Null fiel, bekamen wir Benzin und Diesel auch nicht geschenkt bzw. mussten nicht nur die Steuern darauf zahlen.
Was sagt die Gegenseite?
Die folgende Informationen habe ich aus Foren, in denen Mitarbeiter aus dem Nähkästchen plaudern. Insofern sind die Angaben nicht komplett zu verifizieren und dennoch ganz interessant.
Die Raffinerien haben auch Stromkosten. Dass diese logischerweise nicht nur in den privaten Haushalten stark gestiegen sind, sollte klar sein. Gas, Strom und Dampf muss alles zugekauft werden, denn das stellen die Raffinerien in der Regel nicht selber her. Zum Thema Dampf: Gelsenkirchen plant demnach für 1,2 Milliarden Euro eine Dampfkesselanlage mit Wasseraufbereitung.
Wie sieht es mit der Instandhaltung aus? Eine große Raffinerie erfordert einiges an Ressourcen, um den Betreib aufrecht zu erhalten. Chromnickel ist derzeit offenbar gar nicht zu bekommen. Die Lieferanten verlangen derzeit scheinbar das Zehnfache wie sonst und bieten dabei Fristen von etwa 2 Tagen.
Haben Sie nun eine Raffinerie, die Ersatzteile benötigt, müssen Sie in den sauren Apfel beißen und teure Ressourcen kaufen. Die Lieferanten sitzen am längeren Hebel und haben sicherlich auch reichlich Anfragen. Besonders wenn wichtige Rohstoffe knapp sind.
Beim Beispiel von BP sieht man auch, wie die russischen Aktien von Bedeutung sind. BP war extrem abhängig vom russischen Öl. Rosneft wurde hier angeblich komplett abstoßen. Das alleine soll zuvor rund 5 Milliarden US-Dollar an Dividende jährlich gebracht. Doch nicht nur das schmerzt wohl in der Bilanz. Die letzten 4 Jahre seien dicke rote Zahlen geschrieben worden.
Fazit
Die Preise steigen für alle. Inflation und mangelnde Ressourcen machen es möglich. Dass die Kurse natürlich ausgerechnet jetzt nach oben geschraubt werden, während die Ukraine angegriffen wird, hat einen faden Beigeschmack. Denn so sehr ich die Argumente der Raffinerien und Lieferketten verstehe, ist es doch seltsam, wie stark die Preise an jeder Tankstelle gestiegen sind. Das Argument mit den Preisabsprachen steht für mich somit weiterhin im Raum. Und damit verstehe ich dann im Ansatz Christian Lindner, der die Steuern auf Sprit nicht senken will. Allerdings nur, wenn dafür an anderer Seite der Preishahn wieder entsprechend zugedreht wird.